Zu nachtschlafender Zeit jage ich den Herrn Peppinello aus dem Bett. Kurz nachdem die Kinder das Haus verlassen, machen wir uns auf den Weg zur Fleischer-Innung. Ich will Därme!
Wer sich jetzt schon schüttelt, der braucht gar nicht erst weiter zu lesen.
Ich will nämlich heute meine neueste Errungenschaft ausprobieren. Den KitchenAid-Fleischwolf mit Wurstfüllhorn (Wahnsinnswort!). Im Klartext: Ich spiele schon länger mit dem Gedanken, eigene Salami herzustellen. Als Hülle dafür brauche ich Naturdarm, weiß aber nicht so genau welchen. Im Fleischerei-Großhandel laufe ich zunächst planlos durch die Gänge. Guck mal da. Sie verkaufen “Acqua Panna”, mein Lieblingswasser. Schwupp. Ich hieve eine Kiste in meinen Einkaufswagen. Der Herr Peppinello beanstandet das natürlich. Er ahnt, dass ich wieder 80% des Komplettsortimentes des gesamten Ladens zumindest einmal beäugen, anfassen, bestaunen werde….. In einem Riesenregal liegen unendlich viele verschiedene Kunstdärme. Naturdarm sehe ich nicht, aber einen Angestellten, der gerade wunderschöne Servietten einräumt. Ich sage brav guten Tag und frage, ob sie auch Naturdarm führen. Der Verkäufer guckt mich an, als sei ich nicht ganz bei Trost, und sagt dann: “Kommen Sie mal mit, junge Frau.” Er führt mich in eines der vielen Kühlhäuser. Tonnenweise Därme. In riesigen Abnahmemengen. Ich bin ratlos.
“Wofür brauchen Sie den?”, fragt er. Ich erkläre mein Vorhaben. Dann fragt er: “Schwein oder Schaf?” und ich antworte, äußerst geistreich: “Hä?” Er erklärt mir den Unterschied zwischen Schafsdärmen und Schweinedärmen. Schafsdärme nimmt man überwiegend für Wienerle. Ich brauche wohl Schwein. Kaliber 26/28. Das ist der Durchmesser. Mutig frage ich: “Was ist denn die kleinste Verpackungseinheit?” und schaue verzweifelt auf einige Riesenbottiche. “Ein Hank”, sagt er und grinst, “Das sind 91 Meter. Schon gewässert und gebrauchsfertig. Kosten 19,00 Euro.” Ich sage “ok” (und frage mich im Stillen, was ich mit 91 Metern Schweinedarm soll…vielleicht stranguliere ich mich damit, oder so. Oder den Herrn Peppinello bei Gelegenheit.)
Wir erstehen außerdem noch viereinhalb Kilo Schweinenacken und eineinhalb Kilo Speck. Ich widerstehe weiteren Verlockungen (Ochsenbacke, Kalbstafelspitz) und wir machen uns auf den Heimweg, denn wir haben was vor.
Zutaten für 12 bis 14 lange halbrunde Würste:
- 4,5 kg Schweinenacken
- 1,5 kg durchwachsener Speck
- Salz
- schwarzer Pfeffer, gemahlen und ganze Körner
- Fenchelsamen
- gemahlene Chili
- Rotwein
Ich kann zu den Gewürzen keine genauen Mengenangaben machen. Ich nehme so ungefähr 30 Gramm Salz pro Kilogramm Fleisch. Die anderen Zutaten dosiere ich nach eigenem Geschmack. Ich bin sparsam mit dem Chili (wegen der Kinder), geize aber nicht mit Fenchel, weil wir den sehr mögen. Beim Würzen sind wir aber noch gar nicht. Ich schneide nämlich zuerst das Fleisch in schmale Streifen, und würfele den Speck. Das Fleisch gebe ich durch die grobe Scheibe meines Fleischwolfes.
Dann füge ich die Gewürze hinzu und gieße etwas Wein an. Nun Kommt der Herr Peppinello zum Einsatz. Er hat mehr Kraft als ich. Fleisch muss nämlich nun mehrfach zusammen mit dem Speck durchgeknetet werden, damit sich alle Zutaten gut vermengen. Herr Peppinello walkt so 20 Minuten in dem Fleischberg herum und sagt dabei: “Fotografier’ das jetzt mal, und schreib’ dann im Internet, dass das die Hand Gottes ist.” Ja. Mache ich, Diego Armando. Wir kosten beide mehrfach. Würzen nach. Gießen Wein dazu. Irgendwann schmeckt es richtig gut. Zeit, um nun die Dose mit den 100 Yards Schweinedarm zu öffnen. Die Fleischmasse ruht für eine halbe Stunde. Ich montiere in der Zwischenzeit das etwas größere der beiden Würstfülldinger auf den Fleischwolf.
Irgendwie schaffe ich es auch, die winzig schmalen, aber sehr elastischen Därme darüber zu ziehen. Ich brauche Dir nicht zu sagen, wer dazu blöde Bemerkungen macht. Ich knote das untere Ende zu. Der Herr Peppinello gibt die Wurstmasse in die Maschine. ich ziehe die Salsiccia. Wir streiten uns, weil ich mit einer (fettigen) freien Hand fotografieren will. Dabei reißt der Darm. Herr Peppinello mault: “So machst Du die Kamera und die Wurst kaputt.” El nino de oro nervt. Das sage ich ihm aber nicht, denn wursten ohne zweiten Mann ist recht mühselig.
Als die sechs Kilo Fleisch verwurstet sind, habe ich noch etliche Yards Schweinedarm übrig. Der Metzger im Fleischereinkauf hat mir gesagt, dass die noch 3 Monate haltbar sind, wenn ich sie ordentlich einsalze. Vor mir liegt nun ein Haufen Würste. Ich binde sie an den Enden mit Wurstgarn zu und steche sie vielfach mit einer dicken Stopfnadel an, damit Luft entweichen kann, und die Wurst trocknet. Zwei der Würste, die nun Salsiccie fresche al finocchio heißen, braten wir, und essen sie sofort (schmecken köstlich).
Die anderen bleiben bis morgen bei Raumtemperatur hängen. Danach gehen sie bis Ostersonntag (schätzungsweise) bei 10 Grad in Herrn Peppinello´s Kühlhaus. Ich bin gespannt. Werde mit Sicherheit über das Gelingen (oder auch nicht) berichten. Zum Abschluss blicke ich mich in meiner verwüsteten Küche um und seufze. Der Herr Peppinello meint, ich solle mich nicht so anstellen. Ich hätte es mir ja leicht gemacht. Normalerweise wird das Fleisch nämlich nicht durch den Wolf gedreht, sondern von Hand (!!!) geschnitten. Ich liebe Dich auch, Diego. Beim nächsten mal schneidet die Hand Gottes dann das Fleisch klein……