Warum der Post diesen blöden Titel hat, erkläre ich Dir später. Zuerst einmal: Ein Frohes Neues Jahr. Ein wenig verspätet, ich weiß, aber ich habe mich in den letzten Tagen ums Bloggen herumgedrückt. Habe ich doch vor Weihnachten groß angekündigt, über Selbiges zu schreiben. Natürlich habe ich 75.485 Fotos gemacht, und 99% Prozent davon wieder gelöscht. Meine Familie wundert sich inzwischen darüber, dass es keine stimmigen Bilder von den kleinen Peppinellis unterm Weihnachtsbaum gibt. Auf fast allen Bildern Lebensmittel….
Wie fange ich nun an mit meinem After-Christmas-Post? Und wie lang wird er werden? Diese Frage ängstigt mich viel mehr, denn ich weiß die Antwort darauf: LANG.
Sitzt Du bequem? Gut. Ich kurbele mal die Zeitmaschine an und katapultiere uns zurück zum 8. Dezember 2009. Solltest Du nicht katholisch sein, sondern ein Heidenkind, oder Scientologe, oder Zeuge Jehovas: An diesem Tag ist Maria Unbefleckte Empfängnis (lach’ nicht!). Auf Italienisch heißt das Immacolata Concezione di Maria Vergine. An diesem Tag werden in Italien, und vor allem in Neapel die Krippen aufgebaut. Es gibt ein Viertel in Neapel, in dem sich dicht an dicht Geschäfte drängen, die entsprechendes Zubehör verkaufen.In einer italienischen neapolitanischen Krippe tummeln sich in riesigen beleuchteten (natürlich bunt) Landschaften nicht nur alle möglichen Schuster, Bäcker, Schmiede und sonstige Handwerker, sondern auch Personen öffentlichen (Un)Rechtes wie Herr Berlusconi oder der Papst. Oder Diego Maradona. Und Luciano Pavarotti. Und kleine Figuren aus Überraschungseiern. Und Mutter Teresa. In diesem Jahr auch erstmalig Michael Jackson… Das glaubst Du nicht? Dann guck’ mal hier. Es sieht eher aus wie die Darstellung eines Kuriositäten-Kabinetts. Finde ich. Aber ich habe natürlich gar keine Ahnung von Traditionen. Sagt der Herr Peppinello.
Die Krippe. Natürlich haben auch wir eine. Sie ist ungefähr 120 cm lang und 70 cm hoch, und somit erbärmlich gegen alles, was Neapel so zu bieten hat. In unserer Scheune, die natürlich der Herr Peppinello mit dem kleinen Peppinello aufbaut (Ich verrichte nur niedere Tätigkeiten, wie zum Beispiel Verlängerungskabel besorgen. Außerdem darf ich die Krippe im Januar wieder abbauen, verpacken und verstauen. Immerhin.) Ich bestehe darauf, dass der Stall zunächst leer bleibt. Lediglich ein Hirtenjunge und einige Schafe, sowie zwei Enten (in der Dachgaube) dürfen rein. Die Drei Könige bleiben zunächst in einem kleinen Karton, eingewickelt in Küchenpapier. Genauso das Christuskind, welches ich heimlich in einer Schublade verschwinden lasse. Ich ermahne den Herrn Peppinello, auch bloß mit daran zu denken, wo der Heiland zwischengelagert ist. Es hat nämlich schon Jahre gegeben, in denen wir beide völlig unentspannt in der Heiligen Nacht, so gegen Viertel nach Drei das Kind suchten.
Der Herr Peppinello beleuchtet die Krippe. Bunte Lampen habe ich ihm untersagt. Ich weise ihn erneut darauf hin, dass weniger oft mehr ist, und das Maria zu einem späteren Zeitpunkt wahrscheinlich nicht sehr erfreut wäre, wenn sie während der Niederkunft mit einhundert Watt in Regenbogenfarben angestrahlt würde.
Der Herr Peppinello findet mich blasphemisch, wenn ich so rede.
Der kleine Peppinello stellt einen Ochsen in die Krippe. Wie jedes Jahr sage ich: “Der gehört da nicht rein.” Und wie jedes Jahr antwortet der Herr Peppinello: “Jetzt stell’ dich nicht so an, Du weißt doch, dass der Esel kaputt ist.” Stimmt. Der Esel verlor vor einigen Jahren zunächst ein Ohr. Vergangenes Jahr erlag er an Weihnachten einer tödlichen Verletzung (Genickbruch), beigebracht durch Dauerbeschuss mit Kanonenkugeln aus einem Playmobil-Piratenschiff. Nun gut. Ich kann mit dem Rindvieh leben. (Ein Schelm, der jetzt Böses denkt….)
Am Abend machen sich Maria und Josef auf den Weg nach Bethlehem. Sie müssen unsere knapp 4 Meter lange Fensterbank überwinden, um dann – über einen Beistelltisch mit einer Buddha-Figur – endlich das Sideboard zu erreichen, auf dem die Krippe steht. Das ist Aufgabe des kleinen Peppinello. Er schiebt die Beiden jeden Tag ein kleines Stück vorwärts. Maria lächelt während des Marsches selig, was ich nicht ganz nachvollziehen kann, da sie den ganzen langen Weg auf Knien robbt.
Natürlich findet der Herr Peppinello auch diese Äußerung gotteslästerlich.
Irgendwann, kurz bevor das junge Paar an Buddha (oben im Bild) vorbeikommt, schließt sich ihnen ein Eisbär an. Ich schlussfolgere ergo, dass sie ohne Navigationssystem unterwegs sind. Wenn Sie von Nazareth über den Nordpol und China nach Bethlehem reisen, ist da irgendwas schiefgelaufen…. Vermutlich diente der Esel in früheren Jahren als Navi. Mich nervt der Eisbär. Ich entferne ihn mehrfach von der Fensterbank, und stelle ihn auf unser Adventsgesteck – aber schwuppdiwupp ist er bald wieder bei Maria. Vielleicht als Bodyguard, oder so. Ich verkneife mir weitere Bemerkungen, denn ich befürchte, das andernfalls in der nächsten Zeit Horden von wilden Tieren und Indianern das Heilige Paar umzingeln.
In der darauffolgenden Woche singen wir gefühlte 734 Mal “In der Weihnachtsbäckerei” und “Stern über Bethlehem”. Der kleine Peppinello will wissen, wann wir denn endlich mit der echten Weihnachtsbäckerei beginnen. Ich probiere diverse Ablenkungsmanöver. Eines davon ist das Schreiben eines Wunschzettels an den Weihnachtsmann. Da der Kleine ist in der ersten Klasse malt er den Wunschzettel aus. Das Schreiben übernimmt meine Freundin Alex. “Nach Diktat verfasst”, sagt sie, und übergibt mir die Wunschliste. “Ho-Ho-ho”, denke ich. Er hat wahrhaftig kein elektronisches Spielzeug ausgelassen. Von der Wii über die Play-Station bis zur X-Box und dem i-Phone (!!!!) ist alles vertreten. Schonend bereite ich den kleinen Peppinello darauf vor, dass der Weihnachtsmann diese ganzen Sachen nicht mehr vorrätig hat. Er guckt komisch, sagt aber nichts. Am späten Nachmittag sitzen wir vor dem Fernseher und sehen Sponge-Bob, den grenzdebilen Schwamm.
Dann kommt Werbung. Der kleine Peppinello begeistert sich sofort für eine Kinder-Digitalkamera, die alles mögliche kann. (Ich notiere das in meinem Hirn.) Die folgende Reklame ist von einem Mobilfunkanbieter. Die Tochter irgendeines Idioten glaubt nicht mehr so richtig an den Weihnachtsmann und er engagiert via Facebook seinen Autoschrauber nebst Rentier (Mops mit Plüschgeweih). Du kennst die Werbung, oder? Der kleine Peppinello glotzt gespannt auf die Mattscheibe – manchmal sieht er genau aus wie sein Vater – und ich befürchte schon, dass ich mich gleich der großen Weihnachtsmann-Lüge stellen muss, als er sagt: “Wie doof. Als ob das Rentier (!!!) telefonieren kann. Das kann doch mit seinen Hufen noch nicht mal wählen.” Puh. Ich verkneife mir dermaßen das Lachen….
Weitere Tage vergehen. Je näher das Fest rückt, desto öfter werden wir gefragt, was es denn dieses Jahr bei uns zu Essen gibt an Weihnachten. Der Herr Peppinello versteht die Frage nicht. Nicht akustisch, sondern sinngemäß. Stets beantwortet er sie mit: “Wie immer, wieso?” Er weiß natürlich ganz genau, das die Frager nicht wissen, was “wie immer”, sein soll, nämlich das, was der Herr Peppinello an jedem Weihnachtsfest seines Lebens aß, seitdem ihm die Milchzähne eingeschossen sind. Nee, stimmt nicht. Zwei Mal folgten wir an irgendeinem Weihnachtstag Einladungen. Einmal gab es abgezählte Gambas (3 für jeden), woanders Fondue chinoise…..Wir gingen früher nach Hause als geplant, und im Auto war ich dann alles schuld. Seitdem verschanzt der Herr Peppinello sich von Heiligabend bis Silvester daheim.
La Vigilia (Heiligabend) rückt näher. Maria und Josef sind schon auf der linken Ecke des Sideboards angekommen. Ich mache mich an die Vorbereitungen. Am Vierundzwanzigsten Dezember wird der Eisbär in ein Gehege neben dem Stall gesperrt. Vorsichtsmaßnahmen bezüglich der werdenden Mutter. Maria und Josef tun den letzten Schritt.
“Sie haben Ihren Bestimmungsort erreicht”, schnarrt der kleine Peppinello mit Automatenstimme und äfft dabei unser Navigationssystem nach, als er die Beiden in der Krippe platziert.
Halleluja. Ich mache im Stillen drei Kreuze, denn nun fängt die Hektik erst richtig an. Die Hektik will ich mit Dir teilen. Es ist aber viel. Zuviel für einen Post. Deshalb:
To be continued.
Domani. Versprochen.