Es gab Wachteln. Ich hab da ein Rezept gefunden, dass ich schon länger mal nachkochen wollte. Oder vielleicht ein wenig abwandeln. Oder wie auch immer. Als die vier kleinen gerupften Vögelchen dann nackt vor mir liegen, verspüre ich für einen kurzen Moment Mitleid. Sagen wir, für eine Nanosekunde. Dann hole ich das Beil, welches viermal so groß ist wie eine Wachtel aus der Schublade und hacke sämtliche Flügel und Beine ab. Als ich bei allen einen sauberen Brustschnitt an den verbliebenen Rümpfen mache und die Eingeweide herausreiße entsteht in meinem Kopf die Schlagzeile “Doktor Peppinella Lecter: ich genoss ihre Leiber im eigenen Sud an hausgemachten Tagliolini”.
Das ist keine gute Einleitung für diesen christlichen Post-Titel, oder?
Also noch mal von vorne: Gestern war Maria Verkündigung. An diesem Tag stellen wir katholischen Spießer, wie sich das traditionell gehört, die Krippe auf. Am Vorabend – beim Wachtelessen – sprechen wir darüber.
(Ich denke darüber nach, dass ich DAS KIND bis zum Vierundzwanzigsten verstecken muss, und dass ich mir wohl einen Zettel schreiben werde, auf dem ich notiere, wo ich es versteckt habe. Und, dass ich am Tag X sowohl das Versteck des Kindes, als auch des Zettel vergessen haben werde.)
Als wir die Krippe aufbauen, nehme ich die Drei Könige, und postiere sie in einer anderen Ecke des Raumes, denn die haben ja noch zwanzig Tage Zeit, bis sie den hellen Stern sehen (Fröbelstern, 3. Klasse, verknittertes Pergamentpapier. Wird mit Tesafilm am Dach der Krippe befestigt werden). Der kleine Peppinello stellt Maria und Josef auf die Fensterbank. Ohne den Eisbären, den sie sonst immer mitschleppen. Dann kommt er zu mir rüber und fragt: “Wo ist Jesus jetzt?” ich antworte: “Noch nicht geboren.”
(Und denke an den Zettel in der Küchenschublade, und Jesus im Wäscheschrank unter den Bettlaken.)
Darauf sagt er: “Voll blöd, der stirbt ja sowieso!” “Wie bitte?” “Ja”, erklärt er, “das ist alles dieser Pondses Pilates schuld.”
(Und ich denke, aha, der hat das erfunden. Der hat als Statthalter auch noch nebenher Volkshochschulkurse für Dehnübungen in den Wechseljahren gegeben…)
“Weißt du, was die noch gemacht haben?” sagt er nun entrüstet, “die haben ihm so Nägel durch die Hände und Füße gehämmert.” Er legt demonstrativ eine Hand auf den Tisch und malträtiert sie mit der anderen Faust. “So. Außerdem haben die ihm dann noch so einen Stacheldraht in den Kopf gedrückt.” Er hebt beide Arme und hämmert sich mit gespreizten Fingern mehrfach an Stirn und Schläfen.
(Und ich denke, Stacheldraht, ob das auch der Pilates im Jahr 33 erfunden hat?)
Ich will vom Thema weg. Also frage ich: “Hör’ mal, weißt du denn noch, was die Drei Könige dem Kind mitbringen?” Der kleine Peppinello überlegt kurz.
“Gold,” antwortet er dann. “Und was noch?”, will ich wissen. Er überlegt etwas länger. Schließlich sagt er: “WeiNrauch.”
Und ich sage: “Weihrauch”
Und er sagt: “Sag ich doch WeiNrauch.”
Und ich sage wieder: “Weihrauch, ohne N. Das hat mit Wein nichts zu tun”.
Daraufhin erwidert er: “Aber bei der Schulmesse wird manchen davon schlecht. Und dann müssen sie weinen.”
(Und ich denke, ok, WeinNrauch…eine neue synthetische Modedroge, die Weinkrämpfe hervorruft. Hat bestimmt auch der Pilates…… ach neee, die kamen ja aus dem Morgenland. Kein Wunder, dass sie Drogen im Gepäck hatten)
“Na gut, jetzt haben wir zwei Sachen”, stelle ich fest, “was bringen sie denn noch mit?” Wie aus der Pistole geschossen antwortet der kleine Katholik:
“Möhre!”
(Und ich lache mich innerlich kaputt, und stelle mir vor, wie der Mohr im Stall zu Bethlehem ein Bund Möhren aus einer goldenen Truhe hervorzaubert. Bio-Möhren mit Grün selbstredend..)
Nun schalte ich den Klugscheiß-Modus an. Ich halte einen längeren Vortrag über Myrrhe und Weihrauch (ohne N). Der kleine Peppinello verlässt das Zimmer. Na gut. Ich hör ihn in seinem Zimmer kramen. Als er wieder reinkommt versteckt er irgendwas hinter seinem Rücken. Ich achte nicht weiter drauf.
Am späten Abend entdecke ich, dass Maria und Josef einen neuen Begleiter haben. Nachdem sie nun den Eisbären losgeworden sind, folgt ihnen eine kleine Lego Figur. Im schwarzen Cape mit hochgestelltem Kragen. Mit schwarzem Helm. Und Gesichtsmaske. Und einem kleinen roten Laserschwert. In der leeren Krippe liegt ein weiteres winziges Laserschwert.
(Und ich weiß schon, dass Lord Vader sich in der Heiligen Nacht über DAS KIND beugen, und mit schnarrender Stimme. “Ich bin dein Vater, Jesus”, sagen wird.)
Und: ich habe das Wachtelrezept nicht eingestellt. Und auch meine zerschossene Blogroll noch nicht repariert. Ich gelobe Besserung. Bei Christus.