Unten rechts in meiner Taskleiste befindet sich dieses kleine Symbol mit den zwei Monitoren nebst Weltkugel. Wenn ich mit der Maus darüber fahre öffnet sich ein kleines Fensterchen, welches mir sagt: “Momentan verbunden mit Netzwerk. Zugriff Lokal und Internet”. Am Samstag – also vor vier Tagen – war dann die kleine blaue Weltkugel weg. Eigentlich nicht weiter schlimm. Passiert meinem Router schon mal. Nach neuerlicher Aktivierung macht der Router einen Verbindungstest. Es öffnet sich die “Netgear-success-page”. Die kleine Weltkugel erscheint wieder. Gefälligerweise vor den beiden kleinen Monitorbildchen. In meiner Taskleiste. Unten rechts. Normalerweise.
Und am Samstag? Nichts.
Nach allen möglichen Selbstversuchen…Neustart. PC-Neustart. Kabel raus. Kabel rein. Erster Wutanfall. Probieren, studieren, rumfummeln…alles nutzt nichts. Netzwerk nur Lokal. Ich beschließe jemanden anzurufen, der sich besser auskennt als ich. Das Telefon macht nicht “Tuuuuuut”, als ich den Hörer abhebe. Nein. Ein schnelles “tuttuttutt”-Stakkato dringt in mein Ohr. Ich rufe mich per Handy an, und erfahre, dass ich vorübergehend nicht erreichbar bin, und versuchen soll, mich zu einem späteren Zeitpunkt anzurufen. Aha.
Auch kein Telefon. “Aus-arcor-wird-jetzt-Vodafone”, denke ich. Seitdem ist nur noch Murks. Ich laufe nach unten in unser Lädchen, und rufe von dort aus eine Hotline an, die mich an eine andere Hotline verweist. “Dieses Gespräch kostet Sie 24 Cent pro Minute aus dem deutschen Festnetz”. Aha. Ich rufe die nächste Hotline an. Ein Roboter begrüßt mich freundlich. Er fordert mich auf, meine Kundennummer einzugeben. Weiß ich nicht auswendig. Er sagt, dass ich auch meine Telefonnummer stattdessen eingeben darf. Aha. Gesagt getan. Nun will er zu meiner persönlichen Sicherheit mein Geburtsdatum wissen. Auch das tippe ich ein. Jetzt freut er sich. “Danke”, sagt er. Optional bietet er mir verschiedene Dinge an, die ich jetzt abrufen kann. Meinen Rechnungsstand, meinen Bearbeitungsstand, meinen Auftragsstand. Ich kann ihm auch sagen, ob ich umgezogen bin, oder ob sich meine Bankverbindung geändert hat. Dafür soll ich wahlweise die Tasten 1 bis 4 drücken. Weil ich das aber nicht mache, sagt er irgendwann, dass er mich nicht verstanden hat. Er verbindet mich nun mit einem freien Mitarbeiter. Sagt er.
Ist aber wohl kein Mitarbeiter frei. Stattdessen singt mir eine junge Dame vom Band was vor. “watching the sky……” Ich warte……”all goes passing by…”. Schönes Lied eigentlich. Wenn man es aber 25 lange Minuten in Endlosschleife hört, kriegt man leichte Aggressionen. Ich zumindest.
Plötzlich meldet sich eine Frau. Eine Echte. Menschliche. Ich erkläre mein Anliegen. Sie fragt, ob ich schon mal probiert habe, den Netzstecker zu ziehen. Natürlich habe ich das. “Moment”, sagt sie dann. Sie will sich mal meine Daten anschauen. Dabei macht sie folgende Feststellung: ”Komisch. Kaufmännisch ist alles in Ordnung. Keine offenen Rechnungen.” Ich bin nun schon ziemlich pissed und gebe schnippisch zurück: “Was ist denn daran komisch, dass ich meine Rechnungen bezahle? Sollte ich das lieber lassen?” Sie ist leicht verwirrt. Nach einigen weiteren Minuten weiß sie keine Lösung. Sie verweist mich an eine andere Hotline. Die Technik-Hotline. Natürlich meldet sich wieder der Sprachroboter. Der Gleiche, aber mit einer anderen Ansage. Erneut muss ich meine Kundennummer, bzw. ersatzweise meine Rufnummer eintippen, und zur Sicherheit mein Geburtsdatum (was-geht-das-den-Roboter-eigentlich-an?). Nun kommt was Neues: Er will wissen, ob meine Störung das Telefon, das Internet, oder das Telefon und das Internet betrifft. Taste 1, 2 oder 3 an meinem Telefon. Schnell tippe ich auf die 3. Und jetzt belehrt er mich darüber, dass ich eventuell den Fehler selbst beheben kann, indem ich den Netzstecker ziehe. Ich zische einige Schimpfwörter in deutscher und italienischer Sprache in den Hörer. Er verbindet mich daraufhin mit einem Mitarbeiter. Einem freien. Er empfiehlt vorher, dass ich mich zum folgenden Gespräch mit dem Telefon in Reichweite meines Vodafone-Anschlusses platzieren soll, damit der freie Mitarbeiter mich entsprechen instruieren kann.
Ich höre aber erst mal wieder “all-goes-passing-by”. Während dessen laufe ich mit dem Hörer des Telefons (vom Lädchen) die Treppe hinauf. Der Empfang ist zu schwach. Das Funknetz reicht nicht bis oben. Also renne ich wieder runter. Ich höre eine weitere Viertelstunde “all-goes-passing-by”. Und ich kriege rote Flecken am Hals. Plötzlich ein kurzes Freizeichen. Eine Frau meldet sich. Ich erkläre ihr, was alles so los ist, und dass ich die Warteschleifenmusik mittlerweile zum Kotzen finde. Sie ist nett. Sei fragt vorsichtig, ob ich mich in der Nähe meines Anschlusses befinde. Ich sage “nein” und erkläre von welchem Telefon ich anrufe und warum. Weil mein Telefon nicht funktioniert. Und das Internet auch nicht. Sie ist richtig nett, lässt sich meine Handynummer geben und ruft dann, nachdem ich wieder nach oben gerannt bin via Mobilfunknetz an. Gut.
Sie macht einige Messungen und sendet Datenpakete. Macht irgendwas mit “ping” und anderen böhmischen Dörfern. Nichts. Im Vodafone-Büro scheint es richtig rund zu gehen, denn ich höre im Hintergrund lautes Stimmengewirr und Gelächter. Dann sagt sie (nicht zu mir): “Seid mal was leiser, ich verstehe hier überhaupt nichts!” und zu mir: “Entschuldigung.” Ich erwidere: “Ihr scheint ja Spaß zu haben, da bei Euch im Büro.” Daraufhin erklärt sie mir, dass gerade Schichtwechsel ist. Da geht es dann immer hoch her. Schichtwechsel? Ich schaue auf die Uhr. Es ist mittlerweile nach 14:00 Uhr. Ich bin immer noch im Schlafanzug. Nach einigem hin und her funktioniert das Telefon wieder. Das Internet aber nicht. Ich weiß nicht, was sie nun noch alles misst und schickt. Eingeschränkte Konnektivität…sagt mein Netzwerk. Das hat sie daheim auch schon seit einem Jahr, sagt sie. Ist aber nicht schlimm. Müsste gleich gehen. Nach weiterem Rummachen mit der Dame am Handy - ich liege zwischenzeitlich unter dem Schreibtisch und stelle zum x-ten Male fest, das an allen Endgeräten die Lämpchen grün blinken – ist sie mit ihrem Latein am Ende.
Sie gibt mir eine Telefonnummer. Noch eine andere Technikabteilung. Zaghaft erkläre ich ihr, in wievielen Warteschleifen ich nun schon für 24 Cent pro Minute gehangen habe, um mir dieses bescheuerte Lied anzuhören. Sie lacht. “Wenn unser Martin anfängt mit ihnen zu sprechen, dann umgehen sie ihn einfach, indem sie die Taste 8 drücken.”
Aha. Ich habe jetzt echtes Insider-Wissen. Der Roboter heißt Martin. Ich merke mir das. Martin meldet sich dann auch prompt an der nächsten Hotline, bietet optional Taste 1 oder 2 an und ich würge ihn ab, indem ich energisch die 8 drücke. Kurze Zeit kommt nichts. Martin spricht erneut: “Entschuldigung, ich habe sie nicht verstanden.”, sagt er. Ich drücke nochmal die 8. Er hat mich dann immer noch nicht verstanden. Wieder einige Zeit nichts. Irgendwann kann ich nicht mehr widerstehen und kreische: “Äpfel, zwei! Nicht Bananen!”. Natürlich just in dem Moment, als sich ein humanes Wesen meldet. Ein Mann dieses Mal. Ich bin ganz kurz paralysiert.
“Entschuldigung, ich meinte nicht Sie”, erkläre ich, “ich meinte Ihren Martin.” Der Mann hat eine jugendlich klingende Stimme. Er ist sichtlich amüsiert, und will wissen, woher ich weiß, dass der automatische Kollege Martin heißt. “Weil ich schon seit heute morgen mit Martin telefoniere”, antworte ich, “außerdem bewerbe ich mich hiermit offiziell als Warteschleifen-Sängerin. Das Lied kann ich nämlich mittlerweile auch schon aus dem eff-eff, und wenn Sie mir jetzt auch noch sagen, dass ich irgendwo einen Netzstecker ziehen soll, dann komme ich in ihr Büro und begehe einen Amoklauf.” Er lacht noch mehr. Ich muss auch lachen, obwohl ich sauer bin.
(Ich muss nebenbei erwähnen, dass weder der Herr Peppinello noch sein Thronfolger zu diesem Zeitpunkt zuhause sind. Derlei lange Telefonate mit Hotlines wären sonst nicht drin. Entweder sie haben Hunger, oder sie wissen alles besser und reden dazwischen.)
Der nette junge Mann gibt alles. Er befragt mich zu sämtlichen technischen Details meiner Endgeräte. Router, NT-Split, Speed-Modem. Nichts. Auch er misst und sendet. Wir schalten den Router ab und machen eine Einzelplatzverbindung. “Resetten” alles mögliche. Er kriegt von meinem Modem keine Datenpakete zurück, sagt er. Ein anderer Kollege wird mich zurückrufen, sagt er, als er nicht mehr weiter weiß. Ich soll alle Geräte eingeschaltet lassen. “Martin etwa?”, will ich wissen. Er beruhigt mich. Nein. Sven. Aha. Auf Du und Du mit den vodafone-Technikern….
Ich wasche mich (es ist Viertel nach Drei nachmittags), ziehe mich an und mache mich auf den Weg, den kleinen Peppinello abzuholen. Er hat bei seiner Oma übernachtet. Als wir zurück nach hause kommen, empfängt das Fräulein Peppinella mich mit den Worten: “Da hat gerade ein Sven Sowieso angerufen. Er hat gesagt er meldet sich gegen halb Fünf nochmal. Scheiße.
Um Fünf klingelt dann das Telefon. Sven Sowieso ist dran. Er eröffnet mir, dass er glaubt, mein Modem sei defekt, weil es nicht nur keine Daten empfängt, oder Ping, oder was weiß ich. Es sendet auch keine Signale zurück. Komisch, denke ich. Alle Lämpchen leuchten grün. Sven sagt: “Rufen Sie bitte die 0800-1721212 an. Das ist unsere kaufmännische Abteilung. Sie müssen ein neues Modem haben. Ihres läuft nicht mehr unter Garantie.”
“Stopp,” werfe ich ein, “ich habe noch ein neues original verpacktes Modem von Ihnen. Wir haben das in unserem Geschäft nicht gebraucht. Vielleicht sollte ich das erst einmal ausprobieren.” Er ist einverstanden. Er wird mich in einer Stunde zurückrufen. Ich baue also das angeblich defekte Modem aus. Dazu muss ich mich durch alle möglichen verknoteten Kabel wühlen, kriege fast eine Staublunge dabei. Notiz an mich: Dringend hinter dem Schreibtisch putzen. Ich muss den Drucker verrücken, die Pinnwand abhängen, ein Schränkchen verschieben. Dann installiere ich das neue Modem mit neuen Kabeln. Kabel können ja auch mal defekt sein. Ich hole den Staubsauger und entferne den gröbsten Staub.
Mit dem neuen Modem funktioniert das Telefon. (Sven Sowieso will ja zurück rufen) aber das Internet nicht. Ich glaube nicht, dass auch das neue Modem defekt ist…. Das sage ich auch zu Sven, als er anruft. Mit dem bin ich mittlerweile per Du. Er ist eigentlich Systemanlagenanalytiker, erfahre ich. Nach weiteren Experimenten sagt Sven, dass er die Telekom über mein Problem informieren wird, denn es scheint an der Leitung zu liegen.
“Also nichts mit meinen Endgeräten?”, frage ich. Nein. Kann nur an der Leitung liegen. Die Telekom arbeitet am Wochenende nicht. Sven wird die am Montag anrufen. Er wünscht mir noch einen schönen Ersten Advent. Ohne Internet ist es dann ja doch ganz ruhig. Ich würde Sven nun am liebsten erwürgen. Der Sonntag verläuft ruhig. Ohne Internet. Der Montag auch, weil sich von der Telekom niemand meldet. Und heute ist Dienstag.
Das Internet läuft. Es war niemand von der Telekom da. Was ich Dir jetzt erzähle, dass darfst Du keinem Menschen weitersagen, ok?
Natürlich stehe ich auf, und versuche, wie zum hundertsten Male am vergangenen Wochenende, online zu gehen. “Die Website kann nicht angezeigt werden…..bla..bla…”…Ich komme auf die Idee, das “Details-“Fenster bei der Fehlermeldung zu öffnen. Da steht, dass meine Firewall alle eingehenden und ausgehenden Verbindungen blockt.
Hä? Wie jetzt? Ich habe keine Einstellung verändert. Also…nicht wissentlich. Ich ändere die Einstellungen meiner Firewall…..Mache einen Neustart mit dem Router….und…..ähm…….Was soll ich sagen…..Ich bin online. Und feuerrot im Gesicht. Armer Martin. Armer Sven. Mea culpa. Mea maxima culpa…….