7. November 2012

Lesson One - Kalabrisch für Anfänger, oder: Ich weiß nicht, wie das Gemüse hierzulande heißt….

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Damit sind natürlich nicht diese Bohnen hier gemeint. Die heißen in Italien fagioli. Und in Kalabrien, da wo meine Wurzeln sind, da nennt man sie surijaca. Keinerlei Ähnlichkeit haben diese beiden Ausdrücke. Woher kommt das Wort? Mein achtundsiebzigjähriger Vater weiß ja eigentlich immer alles. Vor allem besser. Kann auch alles. Besser.

(Übers Wasser gehen übt er noch….)….surijaca……keine Ahnung. Irgendwo habe ich gelesen, dass dieser Bohnentyp über Syrien zur Straße von Messina gelangte. Vor Urzeiten. Aber ob das stimmt? Egal. Dem Herrn Peppinello ist der kalabrische Dialekt eh suspekt. Bohnen heißen in Neapel fasule (und in der Türkei fasulye, und in Griechenland fassolia).

Soviel zu unseren Ursprüngen. Der Herr Peppinello betitelt Kalabresen und Sizilianer gerne als Araber, Nordafrikaner, Mauren, Sarazenen. Lieber Herr Peppinello, was bist du? Grieche oder Türke….such dir was Schönes aus. (jassu oder merhaba, Amor mio…)

Egal, es geht hier gar nicht um Bohnen. Ich weiß wie die heißen. In Deutschland und anderswo. Es geht um das hier:

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Mein Vater, der Jäger und Sammler (auch das kann er) hat es irgendwo im kalabrischen Hinterland geschossen.

Bei Gelegenheit werde ich dir mal erzählen, wie er mit uns 100 Kilometer weit fuhr, um in den Bergen von Serra San Bruno Pilze zu sammeln. Dort ließ er uns mitten im Wald und ortsunkundig stehen. Stunden später tauchte er wieder auf…..er hatte die Pilz Rallye gewonnen, und Sachen gesammelt, bei denen der Herr Peppinello später den Verzehr aus lauter Todesangst verweigerte. Der kleine Peppinello kotzte überdies sowohl während der Hin- als auch Rückfahrt in den 100 Jahre alten Seat seines Großvaters, was diesen nicht davon abhielt wie der junge Alberto Ascari durch die Serpentinen zu heizen. (Autofahren kann er auch. Besser.)

Ich hab jetzt mal rumgesucht im Netz. Zuerst dachte ich, das sei schwarzer Senf (sinapa nigra). Isses aber nicht. Es gehört zu Brassica-Dingens. Nennen wir es wilden Kohl. Schmeckt erdig und leicht bitter, mit nichts vergleichbar. In Kalabrien sagen sie dazu “Radzza”.

Ich könnte jetzt glatt mit dem Rezept anfangen, oder? Ich muss aber zwischendurch immer wieder auf den Fernseher starren. Obama, gottseidank. Gut.

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Radzza e surijaca für 4 Personen

  • 500 g frische Bohnen
  • eine Schüssel voll “Radzza” (nimm Grünkohl, Stängelkohl, Mangold…keine Ahnung)
  • 300 g Ditaloni lisci (oder andere kurze Nudeln)
  • Olivenöl
  • Salz, Pfeffer, Peperoncino, Knoblauchzehe

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Die Bohnen hatte mein Vater gleich nach dem Pflücken eingefroren. Ich muss sie nur ganz kurz kochen. Manchmal hat er wirklich gute Ideen.. In der Zwischenzeit putze ich das Gemüse.

Ich weiß, das Sachen die man auf dem Feld sammelt, erst mal von Erde, Schnecken, Fliegen u.ä. gesäubert werden müssen. Ist ja keine Supermarktware. Der Sammler und Jäger hingegen könnte sich beim Betreten des Hauses die Schuhe ausziehen, oder? Und die dreckigen Körbe, mit dem Gemüse….weißt du was er damit macht? Er gibt Schwung, und schießt sie von der Eingangstür bis in die Küche. So wie beim Bowling, oder Curling. Über die weißen Hochglanzfliesen. Es bleibt eine meterlange nasse Matschspur. Und Spritzer an den Wänden. Ommm….ist-sein-Haus-ist-sein-Boden-ommm-ist-nicht-mein-Problem…..Ommmm…Und jetzt latscht er auch noch durch. Aha. So bekommt die Sache mit dem “Übers-Wasser-gehen-können” eine völlig neue Bedeutung. Falls er allerdings jedes Mal, wenn wir ihn besuchen so weitermacht, und sich auf mich als Putze verlässt, dann wird das Wasser über das er geht bald der Jordan sein……

Weiter im Text. Zu den Bohnen gebe ich das Gemüse mit einer zerdrückten Knoblauchzehe. Das Gemüse muss weich sein, die Bohnen schon fast verkocht….nur so wird es schön cremig…ich erwähnte das glaube ich schon mehrfach: Gemüse al dente  ist in Süditalien immer noch nicht üblich (und komm mir jetzt nicht mit den Vitaminen, die ich hier rausgekocht habe).

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Nun kochen ich die Nudeln in dem Topf mit der Gemüsemischung und schmecke mit Salz, Pfeffer und Peperoncino ab. Fertig. Am Tisch träufeln wir uns Olivenöl, oder "Ogghiu Santu" (Olio Santo Calabrese)  auf die Teller (bitte kein Parmesan auf Hülsenfrüchte. No-go). Dazu essen wir hartes Brot vom Vortag. Einfach eintunken.

Natürlich verbrenne ich mir die Schnute. Natürlich schlinge ich wie immer.Hab es eilig. Auf mich warten diverse Aufräum-, Wasch- und Putzarbeiten. Die Herren Peppinello, kleiner Peppinello, der Jäger und Sammler sowie sein bester Freund Maresciallo werden sich nach dem Essen in die Stube wälzen, um dort Kastanien, Erdnüsse, Granatäpfel und Mandarinen zu vertilgen. Nach dem Caffe’ Ristretto. Und überall Brösel, Schalen, Krümel. Granatapfelflecken. Egal. Ich kümmere mich erst mal um die Wäsche. Auch das ist ein Phänomen. Ich habe das Gefühl, dass der alte Herr bereits Wochen vor meinem Eintreffen die Waschmaschine versiegelt. Der Jäger und Sammler sammelt von Koch- über Bunt- bis Feinwäsche. Alles durcheinander. Um es mir zu Füßen zu legen. Ommm.

Falls du weißt, wie dieses Gemüse heißt, dann schreib mit bitte (peppinella@hotmail.de). Danke.

Herrje. Ich hab das jetzt nochmal durchgelesen. Viel zu viele Male Klammer-auf-Klammer-zu. Viel zu viele Einschübe. Eine Menge Mist. Durcheinander. Egal. Nun isses im Netz.

12 Kommentare:

  1. Hallo Schwester, jetzt ist mir der deutsche Name eingefallen: ....Unkraut...!

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    1. Hallo Bruderherz. Na. Machste "homeoffice"? jetzt ist mir auch für dich der deutsche Name eingefallen.....Ich sag ihn dir morgen ins Ohr.

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    2. Nix homeoffice, Smartphone...

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  2. Schmunzelschmunzel ... es war wirklich höchste Zeit, dass Du wieder schreibst.
    Liebe Grüsse aus Zürich,
    Andy

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  3. Es ist so schön Peppinella, daß du wieder schreibst und uns mit deinen Geschichten
    soviel lachen läßt. In Östereich und in Bayern heißen die Bohnen Fisolen, allerdings
    kenne ich den Ausdruck für grüne Bohnen.
    Liebe Grüße aus München Juta

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  4. Mamma mia che capolavor(acci)o ;-)))
    Tante storie quante simpatie :-)
    Saluti

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  5. Das Grünzeug scheint mir Chicoree/Zichorie zu sein - "Unkraut" in Germany, aber in Italien in vielen Varianten erhältlich (u.a. als Radicchio). Habe einige Sorten derzeit in meinem Garten in Canada stehen, nachdem mich eine italienische Familie damit bekannt gemacht hat. Das Zeug schmeckt gut, leicht bitter, und wächst wie Unkraut :).
    Nice blog, btw!

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