Heute hatte ich Besuch. Barbara war da.
Als ich vorher mit ihr telefoniere steht der kleine Peppinello neben mir. Er fragt: “Wer war das?” Wahrscheinlich, weil ich ihm nicht den Hörer übergebe, denn in 104 Prozent aller Fälle ist seine Nonna am Telefon, und will mit ihm sprechen. “Barbara war das”, antworte ich also. Das sagt ihm nichts. Ich füge hinzu: “Barbara aus dem Internet.” "Er kriegt große Augen. “Und die kommt zu uns?”, will er wissen. Dabei heftet er seine Augen auf meinen Computer-Bildschirm. Vermutlich glaubt er, dass “Barbara-aus-dem-Internet” ihm am nächsten Tag aus dem Monitor entgegenspringt.
Als sie dann tatsächlich und leibhaftig ankommt, ist er noch in der Schule. (Später, als er daheim ist, benimmt er sich wie der letzte Hänger. Das macht er vorzugsweise, wenn ich denke, er soll ein braves Kind sein.)
Nun, Besuch aus dem Internet. Was koche ich? Ich gehe schon ziemlich früh aus dem Haus, um einzukaufen. Der Herr Peppinello verabschiedet mich mit den Worten: “Mach bloß nicht so ‘ne Show….” Ich bin schon fast draußen. “Wie jetzt, Show? Was meinst Du?”, frage ich, bereits im Hauseingang stehend. Giftig. “Du weißt genau, was ich meine.” Natürlich weiß ich genau, was er meint. Ich will es aber nicht wissen. “Was für ‘ne Show, erklär’ mal…” Ich liebe solche Gespräche, morgens um kurz nach Acht.
“Koch was normales”, sagt er, “was wir immer essen. Ich hasse es, wenn Du so ’nen Wind veranstaltest und Sachen zusammenmurkst, die Du sonst nie kochst. Mach was unstressiges. Nix ausgeflipptes.” Das fuchst mich. Schließlich kocht er ja nicht. Ich bin stinkig, denn vor meinem geistigen Auge, waren schon einige Teller mit viel Wind und Show vorbeigezogen. Aber: Er hat recht. Ich hasse es, dass ich das schreibe. Ich mag nicht, wenn er recht hat, und ich das nicht einsehen will. In der Vergangenheit gab es nämlich vieles, was ich gekocht und/oder gebacken habe, um es dann, aus diversen Motiven in die Kategorie “unvollendete Sinfonien” einzuordnen. Willst Du mal sehen? Hier:
- Blätterteig-Apfelnester, Kommentar von Schwager Franco, nach dem Probieren: “e che cazzo é? L’ostia?” (Ist das ne Hostie mit Apfel?)
- im Ofen geplatzter Apfelstrudel, nach stundenlangem Strudelteig ziehen
- Brasato al vino rosso, schmackhaft und zart aber nicht fotogen, weil nicht mehr in ordentliche Scheiben zu schneiden, außerdem Streit mit Herrn Peppinello über die Beilagen
- Käsekuchen zu früh aus der Form genommen
- Torta di Mandorle dito
- Pavlova
mitohne Erdbeeren, zerbrochen beim Transport vom Ofen auf die Arbeitsfläche - hausgemachte Ravioli, Streit mit Herrn Peppinello, vor Wut entsorgt
- monströse Rosmarin-Scones mit zu viel Backpulver
- Vitello al latte, siehe Punkt eins in dieser Reihe…
Ich könnte das unendlich fortsetzen. ich habe noch etliche von solchen Bildern auf Lager. Murks über Murks. Wütend und in Tränen aufgelöst in den Müll geschmissen, gefolgt von minutenlangen Ehe- und Existenzkrisen. (Kann man beim Kochen dem Burn-out-Syndrom erliegen?) Yes, i can…
Ich beschließe, diesmal echt keinen Wind zu machen. Barbara kommt mittags. Ich weiß nicht wieso ich mir vorgestellt habe, sie sähe walkürenhaft aus. Eine riesige Hünin, mit breiten Schultern. Neee. Vor mir steht eine zierliche Frau, fast einen Kopf kleiner als ich, mit wunderschönen blauen Augen, und einem mega-ansteckenden Lachen. Und wir essen. Ohne Show. Wenige Vorspeisen, ein bisschen Mozzarella, Maccheroni al sugo e polpettine, Salami, Käse und Kaffee. Fertig. Völlig “unstressig”. Bis auf den kleinen Peppinello, der schon vor dem essen anfängt zu heulen. Schlechte Laune hat. Auf wen kommt das Kind nur?
Während ich das hier schreibe, trinke ich einen schönen Frankenwein. Sehr nett, die Barbara-aus-dem-Internet jetzt persönlich zu kennen. (Sie kam übrigens mit dem Auto. Sie sprang nicht aus meinem Monitor.)
Ich neige auch immer zu "Orgien", wenn Besuch kommt. Vor allem, wenn "neuer" Besuch kommt. Der Herr der Cucina meint dann immer, wir bekommen keine "Zurück"-Einladungen, wenn ich so überdrehe. Er hat ja recht, das Normale ist völlig ausreichend, auch wenn er mir das jedes Mal wieder sagen muß ... und ich es gar nicht gern höre ... und vor mich hin motze.
AntwortenLöschenDreimal darfst du raten, wer heute den (schon wieder!) halb vertrockneten Fasan ganz alleine aufessen durfte, weil die anderen Familienmitglieder kein Bock auf Showtime hatten.
AntwortenLöschenwir foodblogger sind keine aufgeblasenen Primadonnas aus einer Show sondern ganz normale Leute, die am liebsten ganz normal essen.
AntwortenLöschenWenn mir so´ne Kochnummer richtig um die Ohren fliegt, macht mir das nix. Schlimm sind die leicht-daneben-Sachen, so´n bisschen zu viel Salz, ein wenig zu durch, ein Kräuterchen untergejubelt von dem ich weiss, daß Madame es nicht mag. Und dann die sich langsam beim Essen aufbauende Kritikfront meiner Lieben...
AntwortenLöschenIch hatte auch in etwa Dein Bild von Barbara im Kopf bevorich sie traf ;-) Bei ein paar Deiner unvollendeten Sinfonien würden mich die Rezepte dann doch interessieren, sehen doch köstlichst aus :)
AntwortenLöschenUnd eigentlich kommen wir doch nicht zu Besuch zu jemandem, um uns vollzufressen, sondern um die Gesellschaft des anderen zu genießen, oder? Also ich zumindest ...
Das mit dem Kommentar von der Show seitens des Ehegattens kenne ich auch! Ich mache dann meistens doch was ich will und sehe und fühle, dass es nicht falsch war, was ich für die Speisenfolge gewählt habe. Aber damit ein Besuch oder eine einladung auch angenehm für uns Köchinne und Köche wird, ist der Vorsatz: weniger = mehr, sicher kein falscher.
AntwortenLöschenSchön, mal den Murks von anderen zu sehen :-)
AntwortenLöschenIch verlege meine größten Experimente gerne in die Familie. Irgendwie hab ich aber den Eindruck, die sind gnädiger zu mir als deine zu dir ;-) Wenn Besuch kommt, mache ich (meist) Erprobtes.
Und die Barbara ist wirklich sehr, sehr nett, aber doch noch ein ganzes Stück größer als ich - was aber eigentlich nicht schwer ist ;-)
schade um die schöööönen ravioli!
AntwortenLöschenJa, die Barbara ist sehr, sehr nett und hat ein tolles Lachen!
AntwortenLöschenWäre mir ähnlich gegangen.
AntwortenLöschenZum Murks: Nicht alles was auf einem Foto nicht so toll aus sah, ist doch gleich Murks.
Z.B. Braten sieht doch meist eher nichtssagend aus, oder Aufläufe. Fotomäßig ein Graus.
jetzt wuensch' ich mir, dass Barbara mich auch bald besucht. und die meisten deiner unvollendeten Sinfonien wuerde ich mit hingabe verspeisen!
AntwortenLöschenGanz herzlichen Dank für die Katastrophenreihe! Ein herzlicher Lacher am Samstagmorgen. (Die blinde Zerstörungswut, die deine Ehe hervorruft, könnte allerdings als Argument für dauerhaftes Single-Leben verwendet werden.)
AntwortenLöschenRiesen-Show traue ich mich nur bei den allerbesten Feunden. Es ist ein Zeichen großen Vertrauens, wenn ich sieben Gänge samt handgeschriebenen Speisekarten zaubere: Nur für Gäste, die sich einerseits nicht einschüchtern lassen, und die andererseits mit mir zusammen über die Katastrophen lachen können. Kurz: denen ich nichts beweisen muss.
Ich bin bei einer Mutter aufgewachsen, die zwar sehr gerne und oft Gäste hatte, für die diese Einladungen aber immer ein Hochleistungswettbewerb mit entsprechendem Stress waren. Mir war immer klar, dass ich sowas auf keinen Fall haben wollte. Wenn alles daneben geht, habe ich immer noch zwei Kilo köstlichen Käse in der Hinterhand, der mit frischen Brot satt macht.
Super, Du hast Deine "Murks"-Bilder doch herausgekramt ;-) Ich finde die meisten überhaupt nicht murksig...
AntwortenLöschenDanke für den schönen Mittag/Nachmittag. Ihr seid genauso lebendig und sympathisch wie ich mir das vorgestellt hatte, und ich war nicht wegen des Essens da, aber das war auch perfekt. :-)
Vielleicht sollte ich mal ein paar neue Fotos auf den Blog stehen, damit man sieht, dass ich kleiner bin...
Meine Augen sind übrigens von Natur aus grün-grau, wechseln aber die Farbe. :-)
Was für eine nette "Barbara-Beschreibung" :-)) ich mag sie auch kennenlernen.... ich möchte überhaupt euch ALLE kennenlernen. Könnten wir nicht mal ein großes Bloggertreffen in Österreich machen?
AntwortenLöschenp.s. Herr PuK behauptet immer, ich koche das und das und das.... nur damit ich was zu bloggen hab! Glatte Unterstellung !!
Kochshows gibt es bei mir nicht mehr. Nicht seit Kind Nr. 2. Denn ich kann noch so früh anfangen, perfekt planen und vorbereiten. Die Große will nur noch auf den Arm und kaum ist sie mal versorgt hat die Kleine sicher Hunger. Bin ziemlich kuriert und die Gans neulich gab ähnliche Ehekrisen... Gut, dass es nicht nur mir so geht!
AntwortenLöschennathalie - ich sag' ja...seelenverwandt...auch die ehemänner:-)
AntwortenLöschenclaudio - ich wage noch nicht mal in den kühnsten träumen, daran zu denken hier einen faggiano aufzutischen. den kann ich so gut wie gans oder ente..nämlich überhaupt nicht.
robert - wenn ich mich hier manchmal durch die blog-welt klicke, fühle ich mich ziemlich banal
claus - schön zu wissen, dass es dir so geht wie mir, obwohl: was ich bei dir so sehe, würde ich alles restlos verputzen
aniko - irgendwie verbinde ich essen und besuch immer zu einer symbiose. eine schwäche von mir
magda - gut gesagt. nehme ich mir immer vor...
petra - ich könnte ganze bücher mit murks füllen...und ja..die barbar ist richtig nett
ellja - ja...ich hab vor wut geheult
eva - ich kann mich nur wiederholen: sehr sehr nette barbara-aus-dem-internet
sivie - du sprichst mir aus der seele...aufläufe sehen immer so mantschig aus....unfotogen
kitchenroach - grins
kaltmamsell - irgendwie hab ich wohl was von deiner mutter..den käse esse ich hinterher allein. mit einer flasche rotwein und chaos in der küche
barbara - alles ganz meinerseits:-) grüne augen? hätte schwören können sie wären blau gewesen. strahlend allemal
heidi - ich würde auch am liebsten alle hier kennen
rike - schön mit kleinen kindern...wate bis sie größer sind...es wird schlimmer