22. Februar 2010

Die Eheleute P. aus N. am Fleischwolf, oder: Salsiccia fatta in casa – hausgemachte Fenchelsalami

Zu nachtschlafender Zeit jage ich den Herrn Peppinello aus dem Bett. Kurz nachdem die Kinder das Haus verlassen, machen wir uns auf den Weg zur Fleischer-Innung. Ich will Därme!

Wer sich jetzt schon schüttelt, der braucht gar nicht erst weiter zu lesen.

Ich will nämlich heute meine neueste Errungenschaft ausprobieren. Den KitchenAid-Fleischwolf mit Wurstfüllhorn (Wahnsinnswort!). Im Klartext: Ich spiele schon länger mit dem Gedanken, eigene Salami herzustellen. Als Hülle dafür brauche ich Naturdarm, weiß aber nicht so genau welchen. Im Fleischerei-Großhandel laufe ich zunächst planlos durch die Gänge. Guck mal da. Sie verkaufen “Acqua Panna”, mein Lieblingswasser. Schwupp. Ich hieve eine Kiste in meinen Einkaufswagen. Der Herr Peppinello beanstandet das natürlich. Er ahnt, dass ich wieder 80% des Komplettsortimentes des gesamten Ladens zumindest einmal beäugen, anfassen, bestaunen werde….. In einem Riesenregal liegen unendlich viele verschiedene Kunstdärme. Naturdarm sehe ich nicht, aber einen Angestellten, der gerade wunderschöne Servietten einräumt. Ich sage brav guten Tag und frage, ob sie auch Naturdarm führen. Der Verkäufer guckt mich an, als sei ich nicht ganz bei Trost, und sagt dann: “Kommen Sie mal mit, junge Frau.” Er führt mich in eines der vielen Kühlhäuser. Tonnenweise Därme. In riesigen Abnahmemengen. Ich bin ratlos.

“Wofür brauchen Sie den?”, fragt er. Ich erkläre mein Vorhaben. Dann fragt er: “Schwein oder Schaf?” und ich antworte, äußerst geistreich: “Hä?” Er erklärt mir den Unterschied zwischen Schafsdärmen und Schweinedärmen. Schafsdärme nimmt man überwiegend für Wienerle. Ich brauche wohl Schwein. Kaliber 26/28. Das ist der Durchmesser. Mutig frage ich: “Was ist denn die kleinste Verpackungseinheit?” und schaue verzweifelt auf einige Riesenbottiche. “Ein Hank”, sagt er und grinst, “Das sind 91 Meter. Schon gewässert und gebrauchsfertig. Kosten 19,00 Euro.” Ich sage “ok” (und frage mich im Stillen, was ich mit 91 Metern Schweinedarm soll…vielleicht stranguliere ich mich damit, oder so. Oder den Herrn Peppinello bei Gelegenheit.)

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Wir erstehen außerdem noch viereinhalb Kilo Schweinenacken und eineinhalb Kilo Speck. Ich widerstehe weiteren Verlockungen (Ochsenbacke, Kalbstafelspitz) und wir machen uns auf den Heimweg, denn wir haben was vor.

Zutaten für 12 bis 14 lange halbrunde Würste:

  • 4,5 kg Schweinenacken
  • 1,5 kg durchwachsener Speck
  • Salz
  • schwarzer Pfeffer, gemahlen und ganze Körner
  • Fenchelsamen
  • gemahlene Chili
  • Rotwein

Ich kann zu den Gewürzen keine genauen Mengenangaben machen. Ich nehme so ungefähr 30 Gramm Salz pro Kilogramm Fleisch. Die anderen Zutaten dosiere ich nach eigenem Geschmack. Ich bin sparsam mit dem Chili (wegen der Kinder), geize aber nicht mit Fenchel, weil wir den sehr mögen. Beim Würzen sind wir aber noch gar nicht. Ich schneide nämlich zuerst das Fleisch in schmale Streifen, und würfele den Speck. Das Fleisch gebe ich durch die grobe Scheibe meines Fleischwolfes.

 

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Dann füge ich die Gewürze hinzu und gieße etwas Wein an. Nun Kommt der Herr Peppinello zum Einsatz. Er hat mehr Kraft als ich. Fleisch muss nämlich nun mehrfach zusammen mit dem Speck durchgeknetet werden, damit sich alle Zutaten gut vermengen. Herr Peppinello walkt so 20 Minuten in dem Fleischberg herum und sagt dabei: “Fotografier’ das jetzt mal, und schreib’ dann im Internet, dass das die Hand Gottes ist.” Ja. Mache ich, Diego Armando. Wir kosten beide mehrfach. Würzen nach. Gießen Wein dazu. Irgendwann schmeckt es richtig gut. Zeit, um nun die Dose mit den 100 Yards Schweinedarm zu öffnen. Die Fleischmasse ruht für eine halbe Stunde. Ich montiere in der Zwischenzeit das etwas größere der beiden Würstfülldinger auf den Fleischwolf.

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Irgendwie schaffe ich es auch, die winzig schmalen, aber sehr elastischen Därme darüber zu ziehen. Ich brauche Dir nicht zu sagen, wer dazu blöde Bemerkungen macht. Ich knote das untere Ende zu. Der Herr Peppinello gibt die Wurstmasse in die Maschine. ich ziehe die Salsiccia. Wir streiten uns, weil ich mit einer (fettigen) freien Hand fotografieren will. Dabei reißt der Darm. Herr Peppinello mault: “So machst Du die Kamera und die Wurst kaputt.” El nino de oro nervt. Das sage ich ihm aber nicht, denn wursten ohne zweiten Mann ist recht mühselig.

 

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Als die sechs Kilo Fleisch verwurstet sind, habe ich noch etliche Yards Schweinedarm übrig. Der Metzger im Fleischereinkauf hat mir gesagt, dass die noch 3 Monate haltbar sind, wenn ich sie ordentlich einsalze. Vor mir liegt nun ein Haufen Würste. Ich binde sie an den Enden mit Wurstgarn zu und steche sie vielfach mit einer dicken Stopfnadel an, damit Luft entweichen kann, und die Wurst trocknet. Zwei der Würste, die nun Salsiccie fresche al finocchio heißen, braten wir, und essen sie sofort (schmecken köstlich).

 

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Die anderen bleiben bis morgen bei Raumtemperatur hängen. Danach gehen sie bis Ostersonntag (schätzungsweise) bei 10 Grad in Herrn Peppinello´s Kühlhaus. Ich bin gespannt. Werde mit Sicherheit über das Gelingen (oder auch nicht) berichten. Zum Abschluss blicke ich mich in meiner verwüsteten Küche um und seufze. Der Herr Peppinello meint, ich solle mich nicht so anstellen. Ich hätte es mir ja leicht gemacht. Normalerweise wird das Fleisch nämlich nicht durch den Wolf gedreht, sondern von Hand (!!!) geschnitten. Ich liebe Dich auch, Diego. Beim nächsten mal schneidet die Hand Gottes dann das Fleisch klein……

19. Februar 2010

Jenseits der Kochtöpfe, oder: Über das Weinen (vor dem Fernseher)

Um eines gleich klarzustellen: Bei “Jenseits von Eden” vergoss ich keine einzige Träne. Jenseits aller Kochtöpfe heule ich jedoch regelmäßig vor dem Fernseher. Nicht bei Kochsendungen, obwohl ich viele davon zum heulen finde. Nein. Das ist ein blöder Anfang, also noch mal von vorne.

Im wirklichen Leben weine ich eher selten, und wenn, so geschieht das in 102% aller Fälle vor Wut. Ja, ja, es gibt einen Menschen, der mir mitunter heiße Zornestränen in die Augen treibt. Natürlich verrate ich hier nicht, wer das ist. Und natürlich bist Du sehr einfältig, und kommst nicht darauf, wen ich meine.

Vielleicht fragst Du Dich, wie ich hier überhaupt auf dieses Thema komme, wo ich doch eigentlich Ravioli mit Ziegen-Ricotta posten wollte? Ich sage es Dir: Ich habe gerade wieder hemmungslos geflennt. Im Lädchen, in Herrn Peppinello’s Küche.

Nein. Nicht was Du jetzt denkst. Der Herr Peppinello war gar nicht anwesend. Ausnahmsweise traf ihn keine Schuld. Aber: Er hat in seiner Küche so einen kleinen portablen Fernseher. Da ich allein war, und einiges für ein Fest am morgigen Tag vorbereiten musste, schaltete ich das Ding ein. Schrott auf allen Kanälen. Nach mehrfachem Umschalten landete ich auf “Phoenix”. Dort lief die x-te  Wiederholung der Eröffnungsfeier der Olympischen Winterspiele in Kanada. Oh oh. Das habe ich schon ein paar Mal angeschaut. Und jedes Mal geheult.

 

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Bescheuert, oder?  Schon kurz nach Beginn der Übertragung betreten das erste Mal die kanadischen Ureinwohner in traditioneller Indianer und Ainu Kleidung das Stadion, und heißen die Menschen Willkommen. Ich beginne zu schlucken.

Später wird zu bombastischer Musik gefiedelt und getanzt und ich flenne. Das schiebe ich auf die Zwiebeln, die ich gerade schneide (“Augenzwiebeln” nennt der kleine Peppinello die.) Als die georgischen Sportler einziehen bin ich allerdings schon beim Würzen der Auberginenscheiben, die Zwiebelausrede fällt weg, und ich weine wie verrückt. Bei der späteren Schweigeminute aus gegebenem Anlass auch. Dann kommen die Kanadier. Ich weine erneut, und frage mich insgeheim, ob ich noch ganz bei Trost bin. Irgendwann kriege ich mich wieder ein. Nämlich ausgerechnet als die Olympische Flagge gehisst wird. Die kanadischen Ranger (sind das Ranger?), in ihren roten Jacken und depperten Kopfbedeckungen sehen komisch aus. Sie werden begleitet von der Sängerin Measha Brueggergosman (was für ein Name!!!). Und so sieht die Frau dann auch aus. Sie trägt eine güldene Abendrobe. Schulterfrei und ärmellos. Dramatisch hebt sie immer wieder die Hände gen Himmel. Dabei wabbelt das viele Fleisch an ihren Oberarmen wie wild. Außerdem hat sie eine ganz wirre lange Kraushaarmähne (Afro-XXL). Ich denke kurz daran, dass sie sich gleich die Kleider vom Leib reißt, um dann wie Lady Godiva auf einem Pferd durch die Mengen zu galoppieren. Kurzzeitig erlebe ich einen Heiterkeitsausbruch, der sich jedoch bald wieder legt. Ich heule erneut, als Wayne Gretzky das Olympische Feuer entzündet.

Am Ende der Übertragung überlege ich, was wohl nicht mit mir stimmt. Das mit der Heulerei vor dem Fernseher war nicht immer so. Irgendwann hat es sich eingeschlichen. Als Kind und später Halbwüchsige weinte ich nie. meine Freundinnen vergossen bittere Tränen bei “Dirty Dancing” (….mein Baby gehört zu mir…) und schluchzten um die Wette mit Ryan O’Neal bei “Love Story”. Ich nicht. Soweit ich mich erinnere weinte ich lediglich bei “Roots” und “Holocaust”. Bitterlich. Nie bei Spielfilmen. Bis auf ein einziges Mal. Und das war noch nicht mal ein Spielfilm mit bekannten Hollywood-Größen sondern Zeichentrick. Und ich war kein Kind mehr, sondern schon Anfang Zwanzig. Ich schluchzte wie verrückt, als “Feivel, der Mauswanderer” völlig durchnässt auf Manhattan-Island strandete. Unter der viel zu großen Mütze seines Vaters hustete er und weinte. Immer wieder rief er verzweifelt nach seinem Papa.

 

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Da kriegte ich mich nicht mehr ein. Am liebsten hätte ich den kleinen Mäuserich adoptiert. Ich weiß, dass Du mich sowieso für ein wenig seltsam hältst. Und wahrscheinlich glaubst Du jetzt, ich wäre völlig plemm-plemm, oder? Danach habe ich nie mehr bei Filmen geweint. Tragische Szenen in Liebesfilmen lösen bei mir eher Belustigung aus.

Das regelmäßige Heulen vor dem Fernseher stellte sich bei mir, soweit ich mich erinnern kann, mit Mitte Zwanzig ein. Jeder Sender brachte Berichte über die grauenhaften Zustände in rumänischen Waisenhäusern. Ich weinte und konnte nachts nicht schlafen. Ich glaube, dass ging jedoch nicht nur mir so, oder?

Andere Gelegenheiten, bei denen mir die Tränen liefen, waren die ersten Berichte von der innerdeutschen Grenzöffnung. Ich flennte vor Rührung, und hätte am liebsten jeden Menschen der rüberkam zuhause aufgenommen. (Einziges Manko wäre die Sprachbarriere gewesen, denn der Herr Peppinello hätte einen Sächsisch-Kurs belegen müssen…)

Apropos. Den Herrn Peppinello habe ich ein einziges Mal bittere Tränen vorm Fernseher vergießen sehen. Sogar stundenlang. Ach was. Tagelang. Angefangen hat er am 3.Juli 1990. Da verlor Italien im eigenen Land das WM-Halbfinale gegen Argentinien. Und Deutschland wurde Weltmeister. Der Super-Gau!

Ansonsten fällt das Flennen bei Sportübertragungen eher in mein Ressort. Ich heulte wie ein Schlosshund, weil Roberto Baggio 1994 gegen Brasilien den letzten Elfmeter verschoss. Natürlich flossen bei mir die Tränen, als Muhammad Ali 1996, schwer von seiner Krankheit gezeichnet, bei den Olympischen Spielen in Atlanta das Feuer entzündete. Auch damit war ich sicher nicht allein. Außerdem flennte ich minutenlang vor vielen Menschen, als Andre Agassi 2006 unter Standing Ovations weinend bei den US-Open seine Karriere beendete. Vor Wut weinte ich außerdem, als die Punktrichter den Legendären Fight zwischen Henry Maske und Graciano Rocchigiani zugunsten des “Gentleman-Boxers” entschieden.

 

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Wann ich noch geheult habe vorm Fernseher? Tja. Viele Male. Fassungslos am 11. September. Natürlich. Und warte Mal, natürlich habe ich mit Elton John geheult. Bei der Trauerfeier für Lady Diana. Ergreifend und todtraurig zugleich sah ich (ebenfalls mit Tränen in den Augen), wie Papst Johannes Paul II zum Millennium krank und altersschwach die Heilige Pforte öffnete. Später weinte ich, als er starb. Während der gesamten Trauerfeier. Und dann weinte ich vor Rührung, als feststand, das Barack Obama Präsident der USA wird. Ich weinte während der Übertragung der Amtseinführung, und die kleinen Peppinellis glaubten, ich sei verrückt geworden.

Bin ich verrückt? Wen interessiert’s. Pah. Ich weine, wann und wie ich will. Vorzugsweise vorm Fernseher.

17. Februar 2010

Der Herr Peppinello erzählt, oder: Wie ich zum Valentinstag die beste Mozzarella der Welt geschenkt bekam.

Ganz klar im Titel ersichtlich: He’s back home again.

Wohlbehalten kommt der Herr Peppinello am Karnevalssonntag (in diesem Jahr auch Valentinstag) daheim an. Er bringt einen ganzen Koffer voll Zeug mit. Und schrammt haarscharf am Übergepäck vorbei. Was selbstredend meine Schuld ist, weil ich ihm eine lange Liste mit Sachen geschrieben hatte, die er mitbringen musste.

Aus seinem Koffer holt er zunächst den Fotoapparat. “Guck’ mal”, sagt er, “ich habe tolle Bilder gemacht.” Insgeheim stutze ich, denn der Herr Peppinello fotografiert noch schlechter als ich. Ach was, er ist ein miserabler Fotograf. Das sage ich aber nicht. Ich denke es nur, denn wir wollen uns ja nicht gleich während der ersten Sekunden voller Wiedersehensfreude in die Haare kriegen. Ich schaue mir also die Bilder an. Die ersten 10 oder 12 zeigen Wolken. Die hat er aus dem Flugzeug fotografiert. Sehr interessant.

 

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Auf den nächsten 25 Bildern ist die alte Grundschule des Herrn Peppinello abgelichtet. Aus jeder Perspektive. Er  hat keinen einzigen Blickwinkel ausgelassen. Dann folgen Straßen und Hauseingänge seines Viertels, die eigentlich richtig nett aussähen, wären da nicht überall rote Mülltonnen zu sehen.

“Was sind den das für rote Dinger?”, will ich wissen. Herr Peppinello erklärt, dass sie jetzt in Italien das Mülltrennsystem eingeführt haben. “Die trennen wie bekloppt”, sagt er, “ich weiß gar nicht, wie viele verschiedene Müllbehälter meine Tanten mittlerweile in der Küche haben.”

 

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“Echt? Sie halten sich dran?”, will ich wissen, denn ich weiß, wie viele Gesetze sie nicht befolgen (Helmpflicht, Gurtpflicht). Der Herr Peppinello erklärt, dass es bei Zuwiderhandeln saftige mehrstellige Geldstrafen hagelt. Dann unterbricht er sich und sagt: “Das Beste hab’ ich Dir noch gar nicht erzählt. Weißt Du was an dem Tag passiert ist, an dem ich angekommen bin?” “Nö,” sage ich.

“Das war sogar im Fernsehen. In den Nachrichten.”  Mir geht immer noch kein großes Licht auf. Weder die Öffentlich Rechtlichen, noch die Privatsender haben ihr laufendes Programm unterbrochen, um der Welt mitzuteilen, dass der Herr Peppinello just gelandet war. Das denke ich aber leider nicht nur. Ich sage es ihm auch. Und der Herr Peppinello findet mich bescheuert. Und das sagt er mir selbstredend. Dann berichtet er mit Folgendes Szenario aus Nocera Inferiore/Provincia di Salerno/unweit Neapel/Kampanien: Zeitgleich mit der Landung des Herrn Peppinello wird in Nocera die Achtzigjährige Kiosk-Besitzerin Gaetana Spinosa in ihrem Lädchen ermordet. Die Täter, ein Drogensüchtiger aus dem Viertel und seine uruguayische Geliebte. Denen gelingt die Flucht mit ein paar Kröten. Sie werden jedoch schnell gefasst, da die alte Frau in ihrem Kiosk eine Überwachungskamera installiert hatte (was zuvor niemand wusste), wodurch der Raubmord dokumentiert wurde. Trauriger aber alltäglicher Wahnsinn in Kampanien. Nun kommt aber das Skurrile, worüber alle Fernsehsender Italiens berichteten: In der Wohnung der verwitweten, kinderlosen Dame fand die Polizei in der Waschmaschine 500.000 Euro in bar, sowie 500.000 Euro in Wertpapieren. Herrn Peppinello´s Onkel Vittorio weiß außerdem zu berichten, dass Gaetana vor Jahren schon mal eine große Tüte Bargeld versehentlich weggeworfen haben soll.

Herrn Peppinello´s Fazit: “Immer, wenn ich in den Süden fliege, passiert Unfassliches.” (Anmerkung der Bloggerin: Das letzte Mal, als wir vor 7 Jahren in Kalabrien waren, bebte nachts dort heftig die Erde. Einen Tag später brach der Ätna aus. Es scheint am Herrn Peppinello zu liegen).

Weiter geht es mit Herrn Peppinello´s Fotosession. Ich sehe 30 verwackelte, dunkle oder unscharfe Bilder von Verwandten. Die Männer kann man noch halbwegs erkennen. Die Tanten drehen der Kamera immer halb den Rücken zu. Man erkennt deutlich auf jedem Bild die Geste des Abwinkens. Obwohl mittlerweile in die Jahre gekommen, sind die Tanten eitel, und wollen ohne frisch onduliert zu sein, nicht fotografiert werden.

Und dann sehe ich Grabsteine auf Fotos. Ich bin mir nicht sicher, ob ich die hier zeigen soll. Ach, was soll’s?!

 

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Das hier sind seine Großeltern, also die Eltern meiner Schwiegermutter. ich stelle hier fest, dass meine Schwiegermutter ihrer Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten ist. Herr Peppinello hat alle möglichen Gräber abgelichtet. Mir kommt das komisch vor, denn ich war schon oft mit ihm in Nocera, auf dem Friedhof allerdings nie. Ich frage nach.

“Tja”, sagt er, “das war vielleicht ein Ding..” Und dann erzählt er Folgendes:

An einem Morgen beobachtet er, wie Onkel Vittorio im Vorratsraum herum wurschtelt. Er füllt mit einem Trichter aus einem großen Kanister selbstgemachtem Wein etwas ab in eine kleine leere Flasche, und verschließt diese ordentlich, bevor er sie sich in die Manteltasche steckt. Dann verlässt er das Haus. Nun ist es so, das Onkel Vittorio 70 Jahre alt ist, mehrere Bypass-Operationen hatte und einen astronomisch hohen Cholesterin-Wert sein eigen nennt. Tante Sofia hält ihn knapp mit Essen. das rauchen hat er sich abgewöhnt. Trinken darf er schon gar nicht. der Herr Peppinello sagt nichts. Er schleicht heimlich dem Onkel nach. Der geht geradewegs zum Friedhof.  Vor der Tomba (Grab) von “Peppe ‘o barista” bleibt er stehen und holt die Flasche aus der Manteltasche. Peppe ist seit über 10 Jahren tot. Er war der Barbesitzer neben der Schreinerei von Onkel Vittorio und ein enger Freund. Herr Peppinello denkt nun, der Onkel würde sich in aller Stille auf dem Friedhof ein Schlückchen genehmigen. Aber nein. Andächtig stellt Onkel Vittorio das Fläschchen auf das Grab, bekreuzigt sich und geht nach einer Weile nach Hause. Herr Peppinello hat ein schlechtes Gewissen, und schleicht irgendwann hinterher. Später am Tag kann er allerdings  nicht mehr an sich halten, und gesteht dem Onkel, was er gesehen hat. Der sagt mit Tränen in den Augen: “Ich habe vergangene Nacht von ihm geträumt. Das wir eine Sause gemacht haben. Wir haben sowas von gegessen und getrunken…..da musste ich ihm einfach was bringen.”

Der Herr Peppinello ist sichtlich gerührt, als er mir das erzählt. Ich auch. Fast verdrücken wir zwei Tränchen.

Dann springt der Herr Peppinello auf und ruft: “Dein Geschenk zum Valentinstag! Oh Mann!” Er rennt zu seinem Gepäck. Der kleine Peppinello sagt genugtuend: “Siehst Du, Mamma. Papa hat daran gedacht.” (Wir haben vorher Wetten abgeschlossen.)

Und das hier ist eines der Geschenke, die ich zu Valentin bekam: Eine geheimnisvolle große Box aus Styropor.

 

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Ich weiß sofort was drin ist. Der Peppinello sagt: “Nicht in den Kühlschrank, die waren eben noch warm.” Yessss!!!! Ein Kilo Büffelmozzarella aus Cava. Frischer als frisch, von Hand abgeschlagen. Und mit absolut nichts zu vergleichen, was hierzulande so alles als Büffelmozzarella angeboten wird. Ich schreie mit meine Feldwebelstimme (das kann ich gut): “Kinder, Tisch decken, Brot schneiden. Wir essen.”

 

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Aus den Tiefen seines Koffers zaubert der Herr Peppinello dann noch stolze dreieinhalb Kilo Salami, die noch weich ist. Hausgemacht von Anna, der Frau seines Cousins Franco. Während des Essens erzählt er weitere Anekdötchen von der Verwandtschaft. Der kleine Peppinello redet ununterbrochen dazwischen. “Mamma.” “Gleich.” “Mamma.” “Gleich.” “Mamma” “Iss jetzt!” “Mammaaaaa!” “Was denn?”

Er hat noch keinen Bissen angerührt. Dann macht er eine große Geste und sagt: “Für das Internet!” Dabei deutet er auf seinen Teller. “Mach mal ein Foto.” Und ich muss sagen, ich staune nicht schlecht. Willst Du wissen, was er gemacht hat?

HIER:

090 Cool, oder? So. Genug geplaudert. Dir fällt bestimmt gleich das Ohr ab. Ciao!

P.S.: Es ist 20:32 Uhr, und ich muss noch was nachlegen. Am Samstag, 13.Februar gerieten der Herr Peppinello und sein Vetter Sandro in einen Stau. Die Polizei hatte einen Straßenabschnitt großräumig abgesperrt. Gerade erfuhren wir per Telefon, dass dort just an diesem Samstag Nachmittag eine 63jährige Prostituierte mit einer Schere erstochen worden war. Hier kannst Du es nachlesen.

GRUNDGÜTIGER!!!!

10. Februar 2010

“Ähzezupp” – Peppinellis allein zuhause, oder: Rheinische Erbsensuppe

eigentlich wollte ich an dieser Stelle unser leckeres Rindsragout mit dunkelbrauner Soße (verfeinert mit der selbstgemachten Demi Glace) und Spätzle von heute Mittag posten. Ich schob wie immer das Kochgeschirr in der Küche hin und her und versuchte alles bestmöglich in Szene zu setzten. Und dann? Kamera-Akku leer. Naja. Dann eben das von vorgestern.

Montags hat das Fräulein Peppinella immer bis 16:00 Uhr Schule. Im katholischen Mädchengymnasium, wo sie wahrscheinlich im Religion-Unterricht lernen, Aussagen mit Schwüren auf Unterhaltungsmedien zu bekräftigen. Fräulein Peppinella findet das Essen in der Mensa zum kotzen. Zum kotzen findet sie allerdings auch Erbsensuppe.

Und der kleine Peppinello und ich lieben Erbsensuppe. Jedes Mal wenn wir auf dem Markt am Carlsplatz sind, lassen uns sämtliche kulinarischen Verlockungen kalt, denn wir essen “Ähzezupp” bei Dauser.

Weil es hier aber für niederrheinische Verhältnisse immer noch lausig kalt ist (und schneit) koche ich die Erbsensuppe für uns beide zuhause. (Das Fräulein Peppinella isst derweil in der Schulmensa Undefinierbares.)

Zutaten:

……und da fängt es dann schon an mit den Uneinigkeiten im Rheinland….bei den Zutaten. Der Kölner brät Flönz dazu, andere geben Kasseler hinein. Die Westfalen essen Erbsensuppe mit Mettwurst. Bei Dauser kommen Würstchen rein. Blutwurst ist nicht so meine Welt, also nochmal von vorne.

Zutaten:

  • 500g getrocknete Erbsen, bei mir von Müller’s Mühle
  • 3 bis 4 Kartoffeln in Würfel geschnitten
  • 2 Karotten dito
  • ¼ Knolle Sellerie dito
  • 1 große Zwiebel  dito
  • 1 Stange Porree in Scheiben
  • ½ Teelöffel Majoran – getrocknet (weder gewürfelt noch in Scheiben…)
  • 1 Lorbeerblatt
  • 1 durchwachsener Speck, gewürfelt
  • etwas Düsseldorfer Löwensenf (Kölner bitte Ohren zuhalten) 
  • 4 Wiener

    Salz und Pfeffer

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    Die Zubereitung ist denkbar simpel. Meine Lieblingszutat (ZEIT) spielt wie bei fast allem, was ich koche, auch hier die Hautrolle. Die Erbsen weiche ich über Nacht ein. Geht bei Erbsen auch ohne Einweichen, aber dann musste morgens um 7 anfangen zu kochen…. Okay, wo war ich ?

    Ach ja. Die eingeweichten Erbsen koche ich am nächsten Tag Im Einweichwasser weich. Da dauert so 2 Stunden. Dann gebe ich alle anderen Zutaten (bis auf die Würstchen und den Speck) dazu. Nachfolgend mein übliches Prozedere: Flamme auf klein. deckel schräg stellen. Warten.

    Ich habe also Zeit genug, um Dir zu erzählen, dass mir das Bloggen mit dem Netbook so richtig auf den Keks geht. Dauernd verheddere ich mich auf dieser kleinen Tastatur. Irgendwie schmerzen meine Augen, denn der Bildschirm, ist echt klein und anstrengend.

    Als der kleine Peppinello von der Schule kommt, ist er wie immer trotz Pausenbrot, Gurke, Paprika und Apfel, kurz vor dem Verhungern. Er isst vorab ein kaltes Wienerle und einige Speckwürfel. Ich rette den Rest, indem ich den Speck in einer Pfanne kross brate, die Würstchen klein schneide und dann beides schnell in den Kochtopf gebe und abschmecke.

     

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    Eigentlich will ich den Rest einfrieren, aber: Der Kleine und ich essen fast alles auf. Übrig bleibt ein Portiönchen, welches ich ihm abends aufwärme. Er ist rundum glücklich. Ich bekomme ein kleines Küsschen, aber nur, weil wir alleine sind, und keiner uns sieht.

    Ach, und übrigens: Auch wenn das hier im Rheinland so Uso ist: Mit Maggi würde ich mir diese leckere Suppe niemals versauen.

    Joode Honger!!

  • 9. Februar 2010

    Teutonische Woche oder: Markklößchen von der lustigen (Stroh)-Witwe

    Manchmal wundere ich mich über mich selbst, und über die bescheuerten Post-Titel, die immer aus meinem Hirn in meine Finger und via Tastatur dann auf den Rechner gelangen…

    Die lustige Strohwitwe bin natürlich ich. Das sollte den Menschen, die mir besorgte E-Mails schreiben (“wo bist du? warum schreibst du nichts? ist bei euch was schlimmes passiert?”) erklären: Hier ist nix los. El Randalinsky (aka. Herr Peppinello) besucht seine Sippe in Kampanien. Ich bin mit den Kindern allein. Und Herrin der Fernbedienung. Die liegt mir gut in der Hand. Stell’ Dir vor, am Sonntag sah ich den “Tatort” von Anfang bis Ende, ohne das jemand mittendrin rumzappte. Das Leben kann schön sein.

    Runzel jetzt nicht so blöd die Stirn. Der Herr Peppinello und ich haben uns seit 24 Jahren lieb. Zwanzig Jahre davon sogar täglich 24 Stunden, beruflich und privat. Mach’ das erst mal nach….eine kleine Verschnaufpause voneinander (bis zum nächsten Sparring) tut gut.

    Die Kinder und ich haben aus diesem Anlass die Teutonenwoche ausgerufen. Es gibt viel gute deutsche Hausmannskost. Beide Peppinelli-Kinder machen viele Vorschläge. Rotkohl, Klöße, Sauerbraten, Kartoffelsalat, Erbsensuppe. Der kleine Peppinello schlägt ungefähr 27 Mal Rindsbouillon mit Flädlesuppe vor. Und  Markklößchen. Wow. Markklößchen haben so was herrlich Altmodisches an sich. Von Mutti´s oder Omi´s Küche. Finde ich. Da ich je sowieso lieber -sowohl italienisch als auch deutsch- beim Kochen an Althergebrachtem hänge: Nix wie ran.

     

    Zutaten:

    2 altbackene Brötchen und etwas Semmelbrösel
    3 - 4 Markknochen vom Rind
    1 gewürfelte Zwiebel, fein gehackt
    2 Eier
    1 Strauß feingewiegte Petersilie
    Salz, Pfeffer, Muskat (wir mögen kein Muskat)

     

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    Die Markknochen röste ich in der Pfanne so lange, bis ich das Mark weich ist, und sich mit dem Löffel leicht auslösen lässt. Dann nehme ich die Knochen heraus, und brate das Mark in derselben Pfanne durch. Es muss danach kurz auskühlen. Dann vermenge ich es mit den übrigen Zutaten, bis sich ein gefälliger Teig bildet. Er darf nicht zu nass sein. Lieber noch ein paar Semmelbrösel dran.

    Ich kann jetzt auch die Musik lauter drehen, und hören, was ich will….von AC/DC über Jamie Cullum bis hin zu Paolo Conte. Querbeet und laut. Ist es denn nicht schön? Ich muss das tun, um diesen lästigen Ohrwurm los zu werden. Hier im Rheinland läuft nämlich seit Tagen nur Schunkelmusik im Radio. Im Auto hörte ich “Die Vögelein die Vögelein vom Titicacasee, die heben wenn die Sonne scheint das Schwänzchen in die Höh`”… Ich werde es ohne anderweitige Audio-Dauerberieselung nicht los. Es hat sich irgendwo zwischen Hirn und Mittelohr festgesetzt. Grauenhaft.

     

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    Aus dem Teig forme ich nun mit angefeuchteten Hände eine Menge kleiner Bällchen. Es sind viel zu viele für unser Mittagessen. Ich friere einen Teil davon ein. Den werde ich am Ende der Woche mit meiner Freundin B. verspeisen. Die hat sich zum Mädels-Abend Tafelspitz von mir gewünscht. Und alle Gerard Butler-Filme der Welt. Ok. Die Klößchen für Dich, der Gerard für mich..hach…

     

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    Fräulein Peppinella, der Kleine und ich verputzen unserer Ration Markklößchen mit einer herrlichen Rindfleischsuppe und Bouillonkartoffeln. Schon während des Essens machen sich allerdings erste Anzeichen von RinderKinderwahn bemerkbar. Das Fräulein Peppinella erzählt mir irgendwas. Hab’ schon wieder vergessen, was. Als ich mehrfach an ihr zweifele sagt sie voller Inbrunst: “Mamma, ich schwöre es Dir auf….auf…auf…meinen iPod!!!!”

    Ist das schon BSE? Oder bringen sie ihr sowas am Erzbischöflichen Katholischen Mädchengymnasium bei?

    Oh weia.

    P.S.: Mein Rechner mit allen Fotos ist platt. Ich schreibe vom Netbook.