Ganz klar im Titel ersichtlich: He’s back home again.
Wohlbehalten kommt der Herr Peppinello am Karnevalssonntag (in diesem Jahr auch Valentinstag) daheim an. Er bringt einen ganzen Koffer voll Zeug mit. Und schrammt haarscharf am Übergepäck vorbei. Was selbstredend meine Schuld ist, weil ich ihm eine lange Liste mit Sachen geschrieben hatte, die er mitbringen musste.
Aus seinem Koffer holt er zunächst den Fotoapparat. “Guck’ mal”, sagt er, “ich habe tolle Bilder gemacht.” Insgeheim stutze ich, denn der Herr Peppinello fotografiert noch schlechter als ich. Ach was, er ist ein miserabler Fotograf. Das sage ich aber nicht. Ich denke es nur, denn wir wollen uns ja nicht gleich während der ersten Sekunden voller Wiedersehensfreude in die Haare kriegen. Ich schaue mir also die Bilder an. Die ersten 10 oder 12 zeigen Wolken. Die hat er aus dem Flugzeug fotografiert. Sehr interessant.
Auf den nächsten 25 Bildern ist die alte Grundschule des Herrn Peppinello abgelichtet. Aus jeder Perspektive. Er hat keinen einzigen Blickwinkel ausgelassen. Dann folgen Straßen und Hauseingänge seines Viertels, die eigentlich richtig nett aussähen, wären da nicht überall rote Mülltonnen zu sehen.
“Was sind den das für rote Dinger?”, will ich wissen. Herr Peppinello erklärt, dass sie jetzt in Italien das Mülltrennsystem eingeführt haben. “Die trennen wie bekloppt”, sagt er, “ich weiß gar nicht, wie viele verschiedene Müllbehälter meine Tanten mittlerweile in der Küche haben.”
“Echt? Sie halten sich dran?”, will ich wissen, denn ich weiß, wie viele Gesetze sie nicht befolgen (Helmpflicht, Gurtpflicht). Der Herr Peppinello erklärt, dass es bei Zuwiderhandeln saftige mehrstellige Geldstrafen hagelt. Dann unterbricht er sich und sagt: “Das Beste hab’ ich Dir noch gar nicht erzählt. Weißt Du was an dem Tag passiert ist, an dem ich angekommen bin?” “Nö,” sage ich.
“Das war sogar im Fernsehen. In den Nachrichten.” Mir geht immer noch kein großes Licht auf. Weder die Öffentlich Rechtlichen, noch die Privatsender haben ihr laufendes Programm unterbrochen, um der Welt mitzuteilen, dass der Herr Peppinello just gelandet war. Das denke ich aber leider nicht nur. Ich sage es ihm auch. Und der Herr Peppinello findet mich bescheuert. Und das sagt er mir selbstredend. Dann berichtet er mit Folgendes Szenario aus Nocera Inferiore/Provincia di Salerno/unweit Neapel/Kampanien: Zeitgleich mit der Landung des Herrn Peppinello wird in Nocera die Achtzigjährige Kiosk-Besitzerin Gaetana Spinosa in ihrem Lädchen ermordet. Die Täter, ein Drogensüchtiger aus dem Viertel und seine uruguayische Geliebte. Denen gelingt die Flucht mit ein paar Kröten. Sie werden jedoch schnell gefasst, da die alte Frau in ihrem Kiosk eine Überwachungskamera installiert hatte (was zuvor niemand wusste), wodurch der Raubmord dokumentiert wurde. Trauriger aber alltäglicher Wahnsinn in Kampanien. Nun kommt aber das Skurrile, worüber alle Fernsehsender Italiens berichteten: In der Wohnung der verwitweten, kinderlosen Dame fand die Polizei in der Waschmaschine 500.000 Euro in bar, sowie 500.000 Euro in Wertpapieren. Herrn Peppinello´s Onkel Vittorio weiß außerdem zu berichten, dass Gaetana vor Jahren schon mal eine große Tüte Bargeld versehentlich weggeworfen haben soll.
Herrn Peppinello´s Fazit: “Immer, wenn ich in den Süden fliege, passiert Unfassliches.” (Anmerkung der Bloggerin: Das letzte Mal, als wir vor 7 Jahren in Kalabrien waren, bebte nachts dort heftig die Erde. Einen Tag später brach der Ätna aus. Es scheint am Herrn Peppinello zu liegen).
Weiter geht es mit Herrn Peppinello´s Fotosession. Ich sehe 30 verwackelte, dunkle oder unscharfe Bilder von Verwandten. Die Männer kann man noch halbwegs erkennen. Die Tanten drehen der Kamera immer halb den Rücken zu. Man erkennt deutlich auf jedem Bild die Geste des Abwinkens. Obwohl mittlerweile in die Jahre gekommen, sind die Tanten eitel, und wollen ohne frisch onduliert zu sein, nicht fotografiert werden.
Und dann sehe ich Grabsteine auf Fotos. Ich bin mir nicht sicher, ob ich die hier zeigen soll. Ach, was soll’s?!
Das hier sind seine Großeltern, also die Eltern meiner Schwiegermutter. ich stelle hier fest, dass meine Schwiegermutter ihrer Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten ist. Herr Peppinello hat alle möglichen Gräber abgelichtet. Mir kommt das komisch vor, denn ich war schon oft mit ihm in Nocera, auf dem Friedhof allerdings nie. Ich frage nach.
“Tja”, sagt er, “das war vielleicht ein Ding..” Und dann erzählt er Folgendes:
An einem Morgen beobachtet er, wie Onkel Vittorio im Vorratsraum herum wurschtelt. Er füllt mit einem Trichter aus einem großen Kanister selbstgemachtem Wein etwas ab in eine kleine leere Flasche, und verschließt diese ordentlich, bevor er sie sich in die Manteltasche steckt. Dann verlässt er das Haus. Nun ist es so, das Onkel Vittorio 70 Jahre alt ist, mehrere Bypass-Operationen hatte und einen astronomisch hohen Cholesterin-Wert sein eigen nennt. Tante Sofia hält ihn knapp mit Essen. das rauchen hat er sich abgewöhnt. Trinken darf er schon gar nicht. der Herr Peppinello sagt nichts. Er schleicht heimlich dem Onkel nach. Der geht geradewegs zum Friedhof. Vor der Tomba (Grab) von “Peppe ‘o barista” bleibt er stehen und holt die Flasche aus der Manteltasche. Peppe ist seit über 10 Jahren tot. Er war der Barbesitzer neben der Schreinerei von Onkel Vittorio und ein enger Freund. Herr Peppinello denkt nun, der Onkel würde sich in aller Stille auf dem Friedhof ein Schlückchen genehmigen. Aber nein. Andächtig stellt Onkel Vittorio das Fläschchen auf das Grab, bekreuzigt sich und geht nach einer Weile nach Hause. Herr Peppinello hat ein schlechtes Gewissen, und schleicht irgendwann hinterher. Später am Tag kann er allerdings nicht mehr an sich halten, und gesteht dem Onkel, was er gesehen hat. Der sagt mit Tränen in den Augen: “Ich habe vergangene Nacht von ihm geträumt. Das wir eine Sause gemacht haben. Wir haben sowas von gegessen und getrunken…..da musste ich ihm einfach was bringen.”
Der Herr Peppinello ist sichtlich gerührt, als er mir das erzählt. Ich auch. Fast verdrücken wir zwei Tränchen.
Dann springt der Herr Peppinello auf und ruft: “Dein Geschenk zum Valentinstag! Oh Mann!” Er rennt zu seinem Gepäck. Der kleine Peppinello sagt genugtuend: “Siehst Du, Mamma. Papa hat daran gedacht.” (Wir haben vorher Wetten abgeschlossen.)
Und das hier ist eines der Geschenke, die ich zu Valentin bekam: Eine geheimnisvolle große Box aus Styropor.
Ich weiß sofort was drin ist. Der Peppinello sagt: “Nicht in den Kühlschrank, die waren eben noch warm.” Yessss!!!! Ein Kilo Büffelmozzarella aus Cava. Frischer als frisch, von Hand abgeschlagen. Und mit absolut nichts zu vergleichen, was hierzulande so alles als Büffelmozzarella angeboten wird. Ich schreie mit meine Feldwebelstimme (das kann ich gut): “Kinder, Tisch decken, Brot schneiden. Wir essen.”
Aus den Tiefen seines Koffers zaubert der Herr Peppinello dann noch stolze dreieinhalb Kilo Salami, die noch weich ist. Hausgemacht von Anna, der Frau seines Cousins Franco. Während des Essens erzählt er weitere Anekdötchen von der Verwandtschaft. Der kleine Peppinello redet ununterbrochen dazwischen. “Mamma.” “Gleich.” “Mamma.” “Gleich.” “Mamma” “Iss jetzt!” “Mammaaaaa!” “Was denn?”
Er hat noch keinen Bissen angerührt. Dann macht er eine große Geste und sagt: “Für das Internet!” Dabei deutet er auf seinen Teller. “Mach mal ein Foto.” Und ich muss sagen, ich staune nicht schlecht. Willst Du wissen, was er gemacht hat?
HIER:
Cool, oder? So. Genug geplaudert. Dir fällt bestimmt gleich das Ohr ab. Ciao!
So geil! Ich bin etwas neidisch¨;-))))
AntwortenLöschenDu solltest Herrn P. öfters auf Einkaufsreise schicken.
AntwortenLöschenIch liebe Deine Geschichten!!!
AntwortenLöschenDer kleine Peppinello kann ganz toll dekorieren, großes Lob, ich bin schwer beeindruckt und hätte am liebsten in den Monitor gebissen. :-)
Ich wünsche mich nach Kalabrien - sofort, jetzt. Aber ohne Herrn Peppinello, das ist mir zu gefährlich mit Ätna, Morden, Bargeldfunden usw. Langweilig wird's bei Euch nie. :-)
Liebe Grüße an alle!!!
das ist also der grund, warum ihr immer noch verheiratet seid ;-)
AntwortenLöschenDeine Geschichten gehören verlegt, vertont, verfilmt!
AntwortenLöschenIch würd´den nicht mehr weglassen, Mozzarella kriegst du auch übers internet, das geht irgendwann schief...
AntwortenLöschenEin klasse Bericht! Danke an Herrn P. für die informativen Fotos und die aufregenden Geschichten - die natürlich nur du so gut erzählen konntest (Ohr ist noch dran).
AntwortenLöschenTolle Geschichten. Ich habe sehr gelacht. Und schön, dass nicht nur meine Kinder bloggeschädigt sind.
AntwortenLöschenHallo,
AntwortenLöschendanke für deinen Kommentar in meinem Blog, so bin ich auf deinen hier aufmerksam geworden und neben einigen Rezepten, die ich fleißig gespeichert habe, saß ich verzückt vor deinen Einträgen und habe deinen Schreibstil bewundert/geschmunzelt/gestaunt und gelacht. Wunderbar. Du solltest ein Buch schreiben, oder Kurzgeschichten.
(Großes Lob an Peppinello, wie aus einem Kochbuch sieht das aus, toll! Und pass auf deinen Herrn P. auf, das klingt ja gefährlich)
schön. einfach nur schön :-)
AntwortenLöschenGoettlich!!! ;0) Als ich gesehen habe, dass Du wieder einen Beitrag geschrieben hast, habe ich mir erstmal lecker was zum Essen geholt und mir es hier gleichzeitig mit Deinem Bericht gemuetlich gemacht... ;0) Geniale Geschichte und wirklich super erzaehlt, man hat das Gefuehl man saesse mit am Tisch! ;0)
AntwortenLöschenGLG Maren
Ich verstehe gut, dass du Herrn P. allein verreisen lässt - das wär mir auch etwas zu abenteuerlich. :-) Aber was er zu erzählen hatte, hab ich mit allergrößtem Vergnügen gelesen.
AntwortenLöschenUnd Kompliment an den jungen Herrn P. - da wächst wohl die nächste Foodbloggergeneration heran. :-)
Oh wie schön.... ichhabe so geschmunzelt und gelacht... unsere Kinder sind definitiv Bloggeschädigt - ich hege dennoch den Verdacht das sie eventuell in unsere Fußstapfen treten... Das Bild des Peppinello junior ist wunderbar... toller Beitrag
AntwortenLöschenSchöne Geschichte, herrlich erzählt! Man müsste etwas von der Salami und der Mozzarella neben dem Rechner stehen haben, um sie zu lesen...
AntwortenLöschenWas für eine schöne Geschichte! Ich kann den Herrn Peppinello gut verstehen, mit seiner Fotografiererei ;) Das Grab mit den Bildern finde ich sehr schön, da hat man doch gleich eine Ahnung wer da liegt; besonders wenn es sich um la famiglia handelt. Da kann man auch Ähnlichkeiten entdecken, ganz wie du beschreibst.
AntwortenLöschenWir haben im Freundeskreis übrigens auch mal einen toten Freund auf dem Friedhof besucht, dort ein Gläschen getrunken und den Rest übers Grab gekippt. Das hätte ihm gefallen, denn er hätte bestimmt liebend gerne eunen mitgetrunken ;)
Der Herr Pepinello lässts also Krachen? Sehr schön!
AntwortenLöschenJa, das ist eine Welt für sich. Aber Peppinella du musst den Leuten sagen, dass das der ganz normale Wahnsinn ist, der jeden Tag stattfindet und nicht dein Göttergatte etwa Schuld daran hat mit seiner blosen Präsenz. Aber das GUTE Essen kommt von ganz da unten, da sind wir uns einig!!
AntwortenLöschenAlle Blumensträuße der Welt würde ich für so eine Kiste hergeben, du Glückliche!!! Dein Mann hat echt Geschmack .-)
AntwortenLöschenMensch, ist das gefährtlich dort... Bleib lieber hier mit Deinen Lieben, Peppinella, damit Euch nichts passiert.
AntwortenLöschenOh je... bei "mehrstelligen Geldstrafen" habe ich mich bei dem Gedanken ertappt, dass das in Lire ja nicht unbedingt viel sein muss *Asche über mein Haupt* ;D
AntwortenLöschenWenn Herr P. das nächste Mal fliegt, darf ich ihm dann auch eine Liste mitgeben? :-)
AntwortenLöschenEinfach nur genial... schreib ein Buch!
das ist mal wieder eine phantastische Geschichte, ich habe so laut gelacht, daß meine beiden Männer ( Hund und Ehemann ) besorgt um die Ecke in mein Büro geguckt haben :-)))
AntwortenLöschenWenn ich jetzt noch die Salami und den Mozarella dabei gehabt hätte .........
Wann fährt Herr P. wieder ? ich hätte dann auch eine Liste für ihn :-)
Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen ... :D
AntwortenLöschenIch habe auch geschmunzelt. :D
Peppinello Junior denkt ja gut mit, tolles Foto! :)
Was bin ich neidisch auf dieses Kilo Mozzarella. Und eigentlich auch auf die Salami. Und überhaupt ;)
AntwortenLöschenBRAVO!:)
AntwortenLöschenso gute Unterhaltung habe ich gebraucht...
für die Mitbringsel würde ich jeden Hungerstreik beenden und beim genuß dieser "Originale" den Grund dafür vergessen.
Die Geschichte mit dem Onkel und seinem Traum ist zwar echt, aber traumhaft erzählt. DAas 1. Buch..., wo kann ich es kaufen?
Gruß, api
Manchmal ist es auch ganz gut, wenn du nicht bloggst. Dann muss ich die alten Sachen lesen. Wenn ich mir vorstelle, ich hätte das da oben verpasst..
AntwortenLöschenWas mir am Herzen liegt:
1. Sollte sich Herr Peppinello in Richtung Hessen, Frankfurt, Wetterau, Wöllstadt aufmachen, gib bitte Bescheid, damit wir das Bundesland verlassen können. Zu gefährlich!
2. Makaber! Guck mal, was unten auf dem Grabstein steht.
3. Gut, dass der Koffer nicht durchsucht wurde, sonst wär es nix gewesen mit Valentin und so.
4. Ich liebe diese Geschichte!!!