3. November 2014

Mittelaltermarkt mit den Ostgoten, Herrn Peppinello und Annika, oder: Alibimäßiges Oliven einlegen.

Das Mittelalterfest. Oder Mittelaltermarkt. Wie auch immer. Dieses Event findet seit einigen Jahren hier bei uns statt. Immer zu Füßen unserer Basilika. Der Heilige Quirinus sieht von der Kirchturmspitze zu. Und ich. Also ich stehe nicht auf der Kirchturmspitze, aber ich schaue zu. Besser gesagt ich starre die Leute an. Immer auf der Suche nach Frauke und Bernhard.

Obwohl wir eigentlich ziemlich nah dran wohnen, gehen wir nicht zu Fuß, trotz des schönen Wetters. Wir müssen mit dem Auto fahren, weil ich unbedingt diese Dinger mit den hohen Absätzen anziehen muß, denn sie machen bei Röhrenhosen einfach ein schöneres Bein. Ich habe nämlich kein Mittelalter-Outfit. Es dauert eine ganze Weile, bis wir einen Parkplatz finden (Wünsche-ins-Universum-schicken funktioniert immer noch nicht.) Herr Peppinello ist ein wenig garstig, denn wir hätten ja auch gleich hinlaufen können.

Als wir da sind, hören wir schon von Weitem die Musik. Dudelsäcke. Trommeln und irgendein Streichinstrument. Glaube ich. (Das Internet weiß alles. Das Instrument heißt Säbelzahnkarpfenbass.)

Ich beschleunige trotz der Absätze mal meine Schritte und drängele mich durch die Menschen. Der Herr Peppinello fällt zurück. Der junge Peppinello ist irgendwo dazwischen. Das ist immer so. Je schneller ich gehe, desto mehr schleicht der Mann. Er macht das absichtlich. Ich bin überzeugt davon. Selbsttests bestätigen meine Vermutung immer wieder. Wenn ich nämlich das Gegenteil von dem tue, was ich sonst immer tue (vorrennen), und mich in Schneckentempo fallen lasse (was mich ziemlich kribbelig macht), dann wird er noch lahmer. Irgendwann bleibt er ganz stehen. Und ich hinter ihm auch (habe dann immer schon Puls). Er wird immer wütend und sagt Sachen wie: “Wir können auch nach Hause fahren, wenn du jetzt schon anfängst zu nerven.”

Also lasse ich das Schleichen gleich ganz, bemühe mich aber, nicht zu sehr den Pacemaker zu geben. Es fällt mir allerdings schwer.

Oliven 2014 Collage1

DAS REZEPT FÜR DIE OLIVEN FINDEST DU AUCH BEI PEPPINELLA: SCROLL NACH UNTEN.

Und die Musiker nennen sich “Cradem – die letzten Ostgoten”.

An diesem Punkt gestehe ich, dass ich den Post vor 3 Wochen angefangen habe. Hier und jetzt (also heute) habe ich den Faden verloren.

  1. Der Mittelaltermarkt ist schon längst vorbei. In Düsseldorf bauen sie bereits die Buden für den Weihnachtsmarkt auf.
  2. Ein großes Glas Oliven ist schon leer gegessen.

Peppinella, mach was.

Ich beschwöre die Erinnerung herauf. Also. Diese Band, die letzten Ostgoten, die sind gar nicht schlecht. Nett anzusehen. Bisschen viel permanente Körperbemalung. Alle gut trainiert. Blond. Haare an den Seiten kurz. Oben lang, hinten zum Pferdeschwanz gebunden. Einer hat einen langen geflochtenen Zopf. Dem Herrn Peppinello gefallen sie selbstredend nicht. Sie spielen also auf ihren Säbelzahnkarpfenbassen und Dudelsäcken, stampfen dazu mit den Füßen. Es gibt Rauch und Qualm, wie sich das gehört. Der Liedtext besteht aus “Hey-Hey-Hey” (konnten die Ostgoten sich eventuell noch nicht anders artikulieren? Oder ist das rituell? Ich habe wenig Ahnung.) Allerdings konzentriere ich mich auch mehr auf das Publikum. Paare, Familien mit Kindern (ausschließlich Bildungsbürgertum), andere Ostgoten in Lumpenkleidung – Männer langhaarig, schwarzgefärbt und gepierct, Frauen langhaarig, hennarot gefärbt. Männlein wie Weiblein mit meist mittelblond nachgewachsenem Ansatz am Scheitel. Und Groupies. Also Frauen ohne Begleitung, die von den Ostgoten nahezu hingerissen sind. Sie schütteln die Haare im stampfenden Rhythmus und können die Augen kaum vom geflochtenem-Zopf-Goten losreißen. Ich vermute jedoch, dass er mit der hübschen, asiatisch anmutenden Gitarristin verbandelt ist. Die kann übrigens auch Feuer spucken. Also…das sind Vermutungen meinerseits. Außer das mit dem Feuerspucken. Das kann sie nämlich wirklich.

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ICH LEGE JEDEN OKTOBER OLIVEN EIN. DAS GEHT SO: KLICK.

Ganz besonders fasziniert mich eine Dame in kobaltblauer Wetterjacke. Sie ist ein bisschen pummelig, trägt eine Brille und hat keine hennarot gefärbten Haare. Wie soll ich die Frisur beschreiben. Du kennst doch noch die alten Pippi Langstrumpf Filme, oder? Pippi, Tommi und seine weinerliche Schwester Annika. So wie Annika. Neee, was hast du die Haare schön! Kreuzbrav.

Hans-Werner, ich weiß, was du jetzt denkst. Ist mir aber schnuppe. Die Frau wird das hier nie lesen. Hoffe ich. Das mit dem Verlinken halte ich übrigens ein, mein Freund.

jedenfalls ist diese Annika völlig hin und weg. Sie kann ihre Augen nicht von denen lassen, ich meine nicht von ihr. Natürlich stupse ich fortwährend den Herrn Peppinello an. Natürlich amüsiere ich mich königlich. Und natürlich sage ich (mit der Hand vor dem Mund): “Guck mal die mit dem blauen Anorak. Guck doch mal. Guck!”

Natürlich sinkt seine Laune unter den Nullpunkt. Natürlich geht er ein Stück von mir weg. Und natürlich sagt er: “Du bist bekloppt. Komm jetzt, oder wir fahren gleich nach Hause.”

Ich finde das sehr schade. Daheim stalke recherchiere ich im Internet. Ich finde die Seite der Ostgoten. Sie spielen auf vielen Festen und haben eine beachtliche Fan-Gemeinde. Viele Einträge im Gästebuch, aus vielen Städten. Natürlich auch aus meiner Stadt, von unserem Fest.

“Ihr wart der Hammer letztes Wochenende in .... einfach geil!”, steht dort.

Geschrieben hat es ein weiblicher Fan mit dem Namen Die Herrin. Das ist sie. Bestimmt. In ihrer Welt ist Annika eine Herrin. Sie trägt natürlich auch keinen kobaltblauen Wolfskin-Anorak, sondern irgendein neckisches Gewand mit Bändern und Schleifen. Sie hat auch nicht diese Frisur, sondern eine wilde ungebändigte Mähne, die sie zum Takt der Dudelsäcke hin und her schmeißt. Ganz sicher. Als ich meine Vermutung dem Herrn Peppinello mitteile, sagt er nur: “Du bist total bescheuert. Lass mal die Leute in Ruhe!”

  1. Ich lasse die Leute in Ruhe. Ich tue ihnen nichts. Sie leben nur in meinem Kopf weiter.
  2. Herr Peppinello! Bist du gar der böse Hans-Werner?

Wir gehen also weiter. Ich halte erst mal die Klappe, damit wir nicht sofort nach Hause fahren. An einem Stand mit Schmuck kaufe ich einen bronzenen Ring. So einer, der garantiert keine grünen oder schwarzen Streifen auf die Finger macht. Sagt die Marktfrau. Im Nachhinein werden mich meine Finger Lügen strafen. Sieht aus wie Schimmel mit Grünspan. Im Zelt gegenüber gibt es einen Schmied. Viele Kinder schauen fasziniert zu, während er – ohne ein einziges Wort zu sprechen – eine Schere schmiedet. Natürlich hat auch er ein mittelalterliches Gewand an. Dazu trägt er eine Brille von Fielmann. Die scheinen schon lange im Geschäft zu sein. Ich würde eigentlich gern am nächsten Zelt halten. Da gibt es jede Menge Filzkappen und Turbane uns so Zeug. Wollte ich schon immer mal ausprobieren. Aber. Dann führen wir wohl schneller nach Hause, als ich die Kappe wieder vom Kopf hätte. Der junge Herr Peppinello will zum Vorplatz der Kirche. Hier hat sich zwischenzeitlich eine Menge Bildungsbürgertum mit Anhang versammelt. Es gibt Schwertkämpfe. Passend dazu hat jedes kleine Kind (heißen alle Helene, Mathilde, Karl oder Frederick. Kevin, Dennis und Jaqueline sitzen wohl zuhause vorm Fernseher)von den Eltern ein Holzschwert bekommen.

Die Gaukler mit den echten Schwertern liefern sich eine Art Schaukampf. Sie brüllen, lassen die Klingen kreuzen, werfen Tische, Bänke und Einander durch die Luft. Die Kinder jauchzen und fuchteln dazu mit den Holzschwertern. “Elisabeth, pass bitte auf deine Jacke (Abercrombie) auf!”, ruft eine Mutter verzweifelt. Am Schluss besiegt Sergio, der aussieht wie Cesare Borgia aus der Verfilmung, den langen blonden Kornelius, der so tut als habe er einen Sprachfehler. Die Kinder sind glücklich. Die Eltern auch. Die Schwerter sind keine Gewaltspielzeuge. Nein.

Im letzten Zelt steht eigentlich nur ein Tisch, an dem eine pflaumenrothaarige Mittvierzigerin mit Wickelkappe sitzt (Frauke??). “Tarock” steht an dem Zelt. Sie hat ein Kartenspiel vor sich ausgebreitet. Der junge Herr Peppinello bleibt stehen. Kartenspiele faszinieren ihn. Er liebt Mau-Mau, Canasta und ganz besonders Texas Holdem.

“Was ist das?”, will er wissen. Insgeheim hofft er wohl auf ein Ründchen Poker. “Die legt Karten.”, sage ich. Versteht er nicht. Also erkläre ich: “Sie kann dir die Zukunft voraussagen. Wann du den ersten Kuss bekommst, wann du deine große Liebe triffst…” Das ist dem jungen Herrn Peppinello peinlich. Außerdem unterbricht die Kartenlegerin mich ziemlich ungehalten. “Nein. Also solchen Quatsch machen wir hier nicht.” Sie ist böse. Es ist also Ernst. “Ach so”, entgegne ich, “was denn dann sonst?” (Ich bin wirklich versucht sie zu fragen ob sie Frauke ist. Aber.

Es kommt nicht dazu. Wir fahren nämlich nach Hause. Sofort.

Das war das Mittelalterfest. Annika, oh Herrin, bitte verzeih’ mir. Herr Peppinello, bitte verzeih’ mir auch. Leser, bitte verzeiht mir – ich habe nicht auf Rechtschreibfehler überprüft. Ich poste das jetzt, bevor ich es wieder lösche.

Und: Hans-Werner, ich habe dich am Wuppertaler Bahnhof gesehen. Dazu aber demnächst mehr.

15. Oktober 2014

‘A marenna – Panzarotti napoletani oder: Aus Laune.

Vielleicht sollte ich zunächst mal übersetzen. ‘A marenna ist neapolitanischer Dialekt. Im normalen Italienisch heißt das la merenda. Und auf Deutsch wohl irgendwie “Zwischenmahlzeit”. Nee. Hier wäre das übersetzt so was wie Pausenbrot, oder irgendwas für unterwegs oder zwischendurch. Aber Pausenbrot und Abendbrot sind bei uns eben oft ohne Selbiges mit Leberwurst.

“Morgens halb Zehn in Deutschland – Knoppers, das kleine Frühstück”, fällt mir da gerade ein. Gut. Jetzt erst mal ein Bild von meiner marenna.

Panzarotti sind das, was in Neapel nu sfizio genannt wird. Ein “Sfizio” ist: Du bist in der Stadt einkaufen. Da befällt dich der kleine Hunger Zwischendurch. Du hast Appetit auf irgendwas, nichts Großes, aber lecker soll es sein. Eine marenna. Blöd zu erklären. Der Pons übersetzt das Wort sfizio mit Laune, und merenda mit Imbiss. Passt.

 

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Jetzt sagst du: Das ist eine Kartoffelkrokette. Richtig. Eine gefüllte “Croque”. Im Gegensatz zur gemeinen deutschen Kartoffelkrokette wird der Panzarotto aber nicht als Beilage (Kartoffelersatz) serviert. Panzarotti werden solo gegessen. Auf die Schnelle auf der Hand. In Neapel gibt es Straßenverkäufer, die Panzarotti neben Pizza fritta und o pere e o muss anbieten. Friggitoria heißen diese Buden.

 

friggitoria-di-famiglia  Friggitoria Fiorenzano, Via Pignasecca 14, Napoli

Leider sind wir hier nicht in Neapel. So müssen wir uns unsere Panzarotti selber machen. So geschehen am Samstag. Wir essen die Panzarotti auf die Schnelle, wir wollen nämlich auf das Mittelalterfest. Samstag/Sonntag in meiner Stadt. Ich liebe das. Alles voller Fraukes und Bernhards. Und vielleicht auch Hans-Werner, wenn er nicht gerade in eine tiefe Depression verfallen ist. (Habe dich verlinkt, Hans Werner, wie versprochen – eine Frau, ein Wort)

Schnell die Zutaten für 20 Panzarotti napoletani (immer circa):

  1. 1kg mehlig kochende Kartoffeln
  2. 4 Eigelb
  3. glatte Petersilie, gehackt
  4. kleingeschnittene Salami (im besten Fall Napoli)
  5. insgesamt 150g Mozzarella und Scamorza
  6. Salz und Pfeffer
  7. Mehl, Ei und Semmelbrösel zum panieren
  8. Sonnenblumenöl

 

Panzarotti Collage1

 

Die gekochten Kartoffeln werden, noch warm, durch die Presse gedrückt, und mit allen Zutaten vom Bild vermengt. Es entsteht ein Kartoffelteig, der an den Händen klebt, ganz so wie ich es hasse. Ich werde nervös, wenn mir alles an den Fingern pappen bleibt. Ich schreie also vom Lädchen (Küche) nach oben (Schloss Peppinelli), das Fräulein Peppinella soll sofort runterkommen und fotografieren. Weil ich sonst die Kamera, mit der ich eh schon nicht so dicke bin, versaue.

 

Panzarotti Collage2

Hier siehst du, wie ekelig der Teig klebt. Und natürlich wie ich die Panzarotti forme. Eigentlich sollte Fräulein Peppinella daraus ein kleines Filmchen machen. Es wird aber nicht so, wie ich will. Mit den Kartoffelteighänden kann ich leider nicht so recht dazwischen fuchteln. Außerdem sagt sie irgendwann: “Kannst ja alleine weitermachen.” Ich lasse das stehen. Merke es mir aber. (So bin ich.)

Die Kartoffelzylinder sind ungefähr zehn Zentimeter lang, und haben einen Durchmesser von keine Ahnung. So, dass sie gut schließen, ohne das die Füllung beim Frittieren rauskommt. Ich müsste mal meine Handinnenfläche bis zur Hälfte der Finger nachmessen. Sie werden nacheinander in Mehl, Ei und Semmelbrösel gewälzt. Eine weitere klebrige Angelegenheit. Das macht mich immer nervös.

Nun werden die Panzarotti in sehr heißem Öl nacheinander frittiert. Am besten gibt man immer nur 3 Stück ins Öl. Sie gehen sonst immer schon in der Pfanne kaputt.

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Hier sind sie dann schon fertig. Goldbraun und scheiß-heiß. Wir essen die ersten direkt vom Abtropfpapier. Fräulein Peppinella verbrennt sich die Schnute. ich verbrenne mir zum x-ten Mal die Hand am Frittiertopf, weil ich die Henkel ohne Topflappen anfasse. Schöne Brandblase an der linken, noch nicht vermessenen Handinnenfläche.

Ich muss mich nun husch-husch fertigmachen fürs Städtchen. Das Mittelalterfest ruft. Den Herrn peppinello schicke ich noch schnell zu seiner Mutter, mit einem Teller Panzarotti. Am Abend wird sie mir telefonisch mitteilen, dass sie nach dem Mittagessen fünf Stück verzehrt hat. Aus “Sfizio”.

Eigentlich stören hier ja nur die Rezepte. Und die Bilder. In Wirklichkeit willst du doch nur wissen, wie es auf dem Mittelalterfest denn so war, richtig? Also. Es war wieder mal Granate. Das Mittelalterfest vor zwei oder drei Jahren, war Geburtsort und –stunde für Familie Frauke-Bernhard-Nils-und-Nele. Deshalb muß ich da auch jedes Jahr wieder hin, um Feldstudien zu betreiben. Dieser Post heute, würde allerdings zu lang werden, und die Peppinellis bekämen dann heute kein Abendessen. Das kann ich aber nicht machen. Da sind sie sehr eigen, die Peppinellis.

So viel sei schon mal gesagt:

  1. Herr Peppinello und ich streiten uns (wie immer) auf dem Mittelalterfest. Weil ich so viel lache, und er nicht versteht warum.
  2. Er sagt, ich sei nicht mehr richtig im Kopf, und soll die Leute nicht so anglotzen.
  3. Ich glaube, Frauke legt dort Karten.
  4. Es gibt Mittelalter-Band-Groupies. Und was für welche!
  5. Ich konnte Hans-Werner nirgends entdecken. Er hat vermutlich von Mutti Stubenarrest bekommen.

Ein Bericht über das Fest wird folgen. Eventuell auch ohne Rezept, außer zum Glücklichsein

An dieser Stelle bedanke ich mich übrigens herzlich bei Kathi und ihrer kunterbunten Welt. Sie scheint meinen bösen anonymen Hans-Werner gut zu kennen. Weiß sie doch zu berichten, dass er sich von Lakritzeschnecken ernährt.

13. Oktober 2014

Rede ich so undeutlich?

Jetzt fängt der Mist schon wieder an!

Liebe Werbefuzzis!

Ich möchte keine Produkte testen. Weder Messerschärfer, noch Töpfe, noch Treppenlifte oder sonstwas. Ich möchte auch nicht in meinem Blog darüber berichten. Sollte es mal so weit sein, dass ich am Stock gehe, werde ich mich bei dem Treppenliftding melden.

Mit freundlichem Gruß

Peppinella

9. Oktober 2014

Bigoli mit hausgebeiztem Lachs, oder: der anonyme Kommentator–Zuwachs für Frauke, Bernhard und die Anderen

Ich beginne besser mit den Bigoli, bevor ich zum Zuwachs komme. Ich schreibe mich sonst zu sehr in Rage. Ich müsste dann auch ganz anders anfangen; in etwa “Lieber Herr Anonymer!”, oder so. Aber Das spare ich mir ein paar Minuten auf.

Vom hausgebeizten Lachs ist noch übrig. Hätten wir den komplett mit Frischkäse und Bejgls aufgegessen, wären wir vermutlich geplatzt.

Bigoli

Die Bigoli sind hier hausgemacht, aber nicht von mir, sondern vom Herrn Peppinello, bzw. von seiner Nudelmaschine. Falls du es vergessen hast: Ich berichtetet hier ausführlich über den Erwerb Selbiger.

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Ich habe, um ehrlich zu sein, gar nicht gekocht. Mein Beitrag diesem einfachen Mittagessen ist der hausgebeizte Lachs. Werde ich garantiert nochmal machen. Herr Peppinello kocht also die Nudeln und Brät nebenher in einer seiner Pfannen Knoblauch und Tomatenscheiben. Dann gibt er wein wenig Nudelwasser hinzu und pflückt ein bisschen Dill und ein bisschen Lachs in die Pfanne. Die fertigen Bigoli schwenkt er darin ab.

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Ich gebe auf jede Portion drei, vier Scheiben Lachs und frischen Dill. Fertig. So machen das eben “engagierte Dilettanten” (nachzulesen bei Claus, und zwar hier).

Blogger sind engagierte Dilettanten, schreibt da jemand in den Kommentaren. Stört mich eigentlich nicht weiter. ich erhebe keinen Anspruch auf Irgendwas.Ich finde aber so einen wunderbaren Übergang zu meinem Anonymen Kommentator. Okay. Es gibt nicht nur einen. Viele Leute kommentieren anonym. Meistens Nettes. Ein anderer Teil der “Anonymen” sind die Spammer. Die regen mich auf. Bevorzugt schreiben sie Englisch oder auch Arabisch und Indisch. Und immer, aber wirklich immer hat mein Blog ihre Aufmerksamkeit erreicht, weil er “so awesome” ist “with such beautiful pictures”. Die wollen mich veräppeln… Bei den Arabischen oder Indischen habe ich keine Ahnung, was die so schreiben. Ich kann es nicht lesen. kratzt mich nicht. Ich lösche hin und wieder die ganzen Spams. So wie auch neulich.

Da finde ich dann diesen Kommentar (obwohl der schon älter ist, sehe ich ihn zum ersten Mal):

Unbenannt

Herr/Frau Anonym kommentiert einen Frauke/Bernhard/Olaf/Steffi-Post, in dem ich mich über meine Fantasie-Freunde amüsiere. Ich lese  und stutze.

“Kokkettierst”…Der anonyme Kommentator ist Waldorf-Schüler. Oder er hat kein Rechtschreibprogramm. Sonst hätte er “kokettierst” nicht mit so vielen “K” geschrieben. Aber das nur nebenbei bemerkt. Ob er wohl mit Nils und Nele befreundet ist? Ich muss das wissen. Also dann.

Lieber Herr/Frau Anonym!

Da Sie mich duzen, scheinen Sie mich gut zu kennen. Aus dem Blog? Persönlich? Ich habe keinen blassen Schimmer. Es tut mir sehr leid, dass ich Ihnen so unsympathisch bin, denn normalerweise lege ich großen Wert darauf, gemocht zu werden. Falls wir uns nun im echten Leben begegnet sind, gehe ich davon aus, Ihnen irgendein Unrecht getan zu haben. Ich weiß nicht, ob Sie Mann oder Frau sind. Mir gefällt allerdings der Gedanke, dass Sie männlich sein könnten. Passt mir besser in den Kram. So kann ich schneller eine “Legende” um Sie bilden, mein lieber Anonymer. Dazu gehört natürlich ein Name, mit dem ich Sie anspreche. Darüber denke ich bereits eine ganze Weile nach. Mir gefällt “Rufus” ganz gut. Andererseits. Rufus ist individuell. Ob das passt? Nein. Es muss was anderes sein. Lassen Sie mich überlegen…wie  wäre es mit Hans-Werner? Ok. Hans-Werner ist gut. Ich biete dir hiermit offiziell das “Du” an, Hans-Werner. Wir werden uns richtig gut kennen lernen. Und eine Menge Spaß miteinander haben. Ich werde dich in eine Reihe stellen mit meinen anderen imaginären Freunden, die Du für bare Münze nimmst, wie es scheint. Fortan wirst auch du in meinem Kopf leben. Mit dem Lila-Latzhosen-Mann und allen Anderen. Dazu lade ich dich ganz herzlich ein. Ab und an, werde ich nette Geschichten über dich erfinden. Jedes Mal, wenn ich den Namen “Hans-Werner” schreibe, werde ich ihn mit diesem Post und deinem anonymen Kommentar verlinken. So wirst du nach und nach eine Menge über dich erfahren. Sachen die du bisher gar nicht wusstest. Die in mir entstehen, nur für dich “Being John Malkovich Hans-Werner” sozusagen. Ich freue mich schon sehr darauf.

Bitte Grüße ganz herzlich Deine Mutter von mir - ich weiß, du bist dreiundfünfzig, und wohnst bei Mutti – soviel hat mein krankes Hirn gerade ausgespuckt.

Alles Liebe von

Peppinella.

7. Oktober 2014

Der Loks ist fertig - hausgebeizter Lachs für die Bejgl oder: Bagels with creamcheese and lox oder: Das Curry-Gitternetz bei Vollmond

Ich habe wohl schon oft diesen handelsüblichen Graved Lachs gegessen. Schmeckt mir nicht besonders. Soll aber auf die Bejgl.

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 Also habe ich rumgesucht und schließlich hier gefunden, was ich wollte. Eine einfache Anleitung zum Lachs beizen. Ich habe das Rezept leicht umgeändert, d.h. ich habe ein paar Sachen weggelassen, weil ich nicht gerne mit tausend Zutaten arbeite.

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Hier die Zutaten, ungependelt wie immer:

  • 500 g Lachs – ich fange klein an, falls es nichts wird
  • Zucker
  • grobes Meersalz
  • grob zerstoßener Pfeffer
  • frischer Dill
  • Zitronenabrieb
  • Weinbrand
  • einige Tropfen Zitronensaft

Ich halte mich nicht an die Mengenangaben aus dem Rezept, sondern bestreue  einfach den Boden einer Schale mit Salz, etwas Zucker  und grobem Pfeffer . Das abgespülte Lachsfilet schneide ich in zwei Teile, und gebe es mit der Hautseite nach unten in die Schale. Ich drücke es ganz leicht an.

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Nun bestreue ich die Oberseite mit grobem Salz, warte ein wenig, und gebe auch hier Zucker und Pfeffer dazu. Dann bestreue ich das Ganze mit frischem, kleingehacktem Dill. Peppinellis stehen daneben und kommentieren live. Fehlt nur noch meine Schwiegermutter am Telefon.

  1. “Was wird das?” (kleiner der junge Herr Peppinello)
  2. “Ekelhaft. Weiß ich jetzt schon, dass ich das auf keinen Fall esse!” (Fräulein Peppinella)
  3. “Was wollt ihr jetzt eigentlich hier?” (ich, hektisch mit der Canon) 
  4. “Ja klar, jetzt fasst sie die Kamera mit den fettigen Fischfingern an, meine Fresse.” (brauche ich dir nicht zu erklären, wer das sagt.)

In diesem Moment fallen mit die Pendler wieder ein. Leider habe ich immer noch kein Pendel hergestellt. In Gedanken stelle ich ein riesiges Pendel in meinem Kopf her, und lasse es gleichmäßig über meine Familienmitglieder schwingen. Es schlägt aus. Treffer. Versenkt. Das haben sie jetzt davon. Sie sollten Mutti halt nicht so kurz vor dem Vollmond bei der Salzgarung stören. Das gibt eine ganz negative Aura, und aggressive Stimmung. Vielleicht liegt das ja am Curry-Gitternetz.

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Den Dill drücke ich leicht mit der Hand an. ich verschließe die Form mit Frischhaltefolie und gebe den Lachs für zwölf Stunden ins Kühlhaus. Zeit genug, um dir vom Curry-Gitternetz zu berichten. Das ist nichts zum Essen. Natürlich nicht. Es ist wieder was esoterisches. Bei meiner mittlerweile zwanghaften Internetrecherche stoße ich immer wieder auf Dinge, bei denen ich mit dem Kopf auf die Tischplatte schlagen möchte, oder mich vor Lachen krümme. Meist Beides.

Solltest du Wünschelrutengänger sein, weißt du, wovon ich hier rede. Das Currygitter ist irgendwas ganz Gefährliches. Besonders in Vollmondnächten. Auf der Rutengeherseite im Netz (Inter- nicht Curry-Netz) wird das ganz genau erklärt. Schlimme Krankheiten drohen dir, wenn du so ein Curryding im Haus hast. Du solltest einen Radiäthesisten beauftragen, um Abhilfe zu schaffen. Bei Vollmond ganz schlimm, diese magnetischen Strahlungen. Genau wie bei den Gastrosexuellen, unterstreicht mein Rechtschreibprogramm das Wort “Radiäthesist”. Im Normaldeutsch “Rutengänger”. ich nehme das neue Wort in mein Rechtschreibprogramm auf. Man weiß ja nie was kommt….

“Da man die Strahlung nicht messen und sehen kann braucht man einen Rutengänger bzw. auch Radiäthesist genannt, der Rutengänger hat die Fähigkeit die elektrischen und magnetischen Energien durch den Rutenausschlag wahrzunehmen.
Jeder Mensch von uns hat diese Fähigkeit als Kind mitbekommen, jedoch durch unsere Erziehung ging diese Eigenschaft Großteiles wieder
verloren.”
(Zitat)

Ob das was nützt? Soll ich versuchen die ewige Motzerei durch einen Rutengänger zu beenden?

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Ich wende mich zunächst wieder dem Lachs zu.

(Herr Peppinello sagt: “Ich habe auch eine Rute. Ich kann damit gehen, schwingen und pendeln. Super!”)

Auf dem Boden der Schale hat sich Flüssigkeit gebildet. Damit bestreiche ich die Oberseite des Lachses. Das mache ich weitere drei Mal alle zwölf Stunden (abends, morgens, abends, morgens….). Danach spüle ich den Lachs ab, und gebe Zitronenabrieb, etwas Weinbrand und grob gemahlenen Pfeffer darüber. Im Rezept stehen auch Senfkörner. Habe ich aber keine da. Nun verteile ich getrockneten Dill darauf. Das Ganze wickele ich fest in Klarsichtfolie ein. (Der Gastrosexuelle vakuumiert natürlich. Ich habe keine passenden Beutel da. So oft benutzen wir das Teil nicht.)

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Der Lachs muß nun zwei Tage im Kühlhaus ruhen. Reifelagerung heißt das im Rezept. Bei solchen Sachen ist das Warten immer am Schlimmsten. Genau wie bei Coppa, oder Oliven (ich lege gerade wieder welche ein).

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Schließlich ist er dann endlich fertig. Ich schneide mit einem sehr scharfen Messer dünne Scheiben von der Haut. Die Bejgl (zweite Fuhre gebacken, weil schon alle aufgegessen) schneide ich auf und gebe sie kurz in unseren Kontaktgrill. Ich habe einen Kontaktgrill. Ich bin nicht gastrosexuell. Wir nutzen das Teil von Berufs wegen. 

“Schmier” – Creamcheese - habe ich auch gemacht. 500 g fetten Joghurt (10%) salzen und über Nacht durch ein feines Sieb abtropfen lassen. Am nächsten Tag nach Belieben mit Kräutern würzen. Hier mit Dill und Petersilie.

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Ganz schöner Aufwand für ein Brötchen aus Ostgalizien. Aber: Es hat sich gelohnt. Vom Lachs ist natürlich noch übrig. Den gibt es mit Pasta. Vorher muss ich was Auspendeln.

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Ich kann nämlich schon kaum noch schlafen vor Gram.

Und das liegt an Ihnen, lieber Herr Böser-Anonymer-Kommentator-der-mich-blöd-findet! Keine Angst, ich werde mich Ihnen zeitnah in einem eigenen Post widmen. Verlassen Sie sich drauf.

5. Oktober 2014

New York Bagels, von wegen amerikanisch: Bejgl aus Ostgalizien.

Wir sind nicht gerade begeisterte Butterbrot-Esser. Aber irgendwas müssen die Peppinelli Kinder mitnehmen, zur Schule und zur Uni. Vor einiger Zeit kamen dann Bagels ins Gespräch. Aber wo kauft man die? Wir wohnen nun nicht gerade in New York City. Hier gibt es lediglich diese abgepackten blassen Dinger zum Aufbacken. Und was da drin ist, weiß ich nicht so genau. Auf der Verpackung kann ich es nicht lesen, weil ich mittlerweile eine Lesebrille brauche. Die habe ich verlegt. Wie so Vieles.
Ich mache mich auf in die unergründlichen Weiten des Internet, um nach Bagel-Rezepten zu suchen. Die gibt es wie Sand am Meer. Die meisten beginnen so: “Schneiden Sie den Bagel auf…”
Ich will doch erst welche backen. Nach längerem Herumsuchen erfahre ich dann schließlich, dass Bagels gar nicht amerikanisch sind. Jüdische Einwanderer haben das Rezept mitgebracht. Aus Ostgalizien. Noch nie gehört. Also frage ich Wikipedia. Ich kenne Galicien, Nordspanien. Ostgalizien, so sagt das Internet, welches schlauer ist als ich, umfasst Teile der Ukraine und Südpolen. Und eigentlich heißen die Bagels ursprünglich jiddisch “Bejgl”. Weil sie gebogen werden. Logisch. Irgendwann habe ich mal ein Buch gekauft. “Die jüdische Küche” von Salcia Landmann. Dort suche ich “Bejgl”. Und finde das Rezept.
Zutaten für 18 Stück:
  • 8 Tassen Mehl
  • 1/2 Würfel Frischhefe
  • 2 – 3 Tassen Wasser
  • 1 TL Salz
  • 2 große Eier
  • 8 EL Öl
  • 1 Ei zum Bestreichen
  • Mohn, Sesam, grobes Salz nach Belieben
Bagels Collage 1Hier wird heute von Hand geknetet. Frau Landmann will das so.
“Ist doch Pizzateig”, sagt der Herr Peppinello. “Nein. Hier kommen Eier rein. Und Öl. Du nimmst Sugna (Schweineschmalz),” korrigiere ich. “Ist doch das Gleiche.”, meint er dann.
Ich frage ihn, wie er denn bitteschön auf das schmale Brett kommt, dass in der jüdischen Küche Schweineschmalz verwendet wird. Er überlegt einen Augenblick, mein Hase. Schließlich fällt es ihm ein. “Ach ja. Das ist wegen halal und haram.” Ich drehe die Augen nach oben, bis nur noch das Weiße zu sehen ist.
“Kosher”, sage ich, “es heißt bei denen kosher.” “Ist doch das Gleiche.”, meint er nochmal. Gut. Er ist halt nicht “EinerVonUns”. Ich auch nicht.
Den Zucker und die Hefe vermische ich mit wenig Wasser. Die beiden Eier schlage ich mit der Gabel auf. Dann gebe ich alle Zutaten zum Mehl, und knete so lange, bis ein elastischer Teig entsteht, und forme ihn zu einer Kugel (wie Pizzateig…). Der Teig muß abgedeckt ungefähr eine halbe Stunde gehen. So steht es im Rezept. Der Herr Peppinello meint “zu kurz, viel zu kurz”. Ich meine in Gedanken “halt mal den Rand, Hase”.
Bagels Collage 2Nach dem ersten Mal “gehen” werden Kringel gebogen. “Bejgl”.
Den Teig teile ich jetzt in 18 kleinere Stücke. Daraus forme ich längliche Rollen von 2 Zentimeter Durchmesser und ungefähr 15 Zentimeter Länge. Die werden zu Kringeln gebogen und verschlossen. Auch die Kringel müssen abgedeckt abermals eine halbe Stunde gehen.
“Viel zu kurz.” Nein. Es ist nicht zu kurz. Die Bejgl werden nämlich vor dem Backen gekocht. Im Gegensatz zum Pizzateig, meine Güte.
Bagels Collage 3Hier sehen sie aus, wie diese Aufbackbagels aus dem Supermarkt.
In einem Topf mit schwach gesalzenem Wasser, koche ich jeweils 4 Bagel  Bejgl von jeder Seite (bitte wenden) höchstens 5 Minuten. Nix ist zu kurz, denn die Teigkringel plustern sich im Kochwasser nochmal schön auf.
Ich gebe sie auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech und bestreiche sie mit verdünntem Eigelb. Nun bestreue ich die Kringel mit Mohn und Sesam. Ich backe sie im Pizzaofen auf Schamottestein und stelle den Ofen auf 150 Grad Ober- und 150 Grad Unterhitze. Ich denke, im konventionellen Backofen musst du auf 180 bis 200 Grad backen.
IMG_1327Bejgl. Fertig.
Die Bejgl sind fertig, wenn sie eine goldgelbe Farbe haben. Dauert bei mir eine Viertelstunde. ich gucke ein paar Mal nach, damit nichts passiert. Der Pizzaofen ist unberechenbar.
IMG_1331Bejgl. Innenansicht. “Halal.”
Bei Salcia Landmann lese ich, dass die Bejgl ursprünglich ein Arme-Leute-Essen waren. Die jüdischen Einwanderer, die in New York bessere Zeiten erlebten, belegten die Bejgl bald luxuriös mit “Schmier” (Frischkäse) und “Lokkss” (gebeizter Lachs).
Beides habe ich natürlich gleich nachgemacht. Von Hand. Der Käse ist morgen früh abgetropft. Der Lachs muß allerdings noch bis morgen Nachmittag ziehen. Die Rezepte zu “Bejgl mit Schmier und Lokss folgen. (“Schneiden Sie den Bagel auf…).
Dann erfährst du auch Neues von der Wünschelrutengänger-Fraktion. Da habe ich Sachen herausgefunden…du wirst es nicht glauben.

4. Oktober 2014

Zucchini-Auberginenreste, oder: Esoterik für Fortgeschrittene – die Pendler, oder: Neues von Frauke und Bernhard

Eigentlich ist das ein Kochblog, oder? Ich lasse das erst mal so stehen, weil ich dir unbedingt was erzählen muss. wie du ja weißt, erkunde ich ab und an neue Sphären. Entdecke sie Möglichkeit!

Nachdem ich mit den Gastrosexuellen so gar nichts anfangen kann, wende ich mich heute lieber wieder den Spirituellen zu. Beide enden zwar mit “…uellen”, haben aber ansonsten nichts gemein.

Ich kann mit Frauke und Bernhard auch schlecht am Pacojet (mein neues Lieblingswort) vorstellen. Sie untersuchen die Qualität der von ihnen ausgesuchten Lebensmittel (Körner, Kleie, Wasser u.v.m.) lieber mit dem Pendel.

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Bei uns gibt es keine Koerner, sondern die Reste der Zucchiniabschnitte aus denen gestern die Roellchen gemacht habe und übrig gebliebenen Auberginen.

Ohne Scheiß. Natürlich sind Frauke und Bernhard meine Erfindung, und existieren nicht wirklich, aber ihre Wesenheiten und ihre Auren sind haarscharf an die Realität gelehnt. Jeder von uns kennt solche Fraukes und Bernhards. Viele Freunde und Verwandte berichten mir von Erlebnissen mit Personenkreisen dieser Art. Der Herr Peppinello nennt diese Spezies “bekloppte Spinner”. Auch ich tue mich schwer. Wünsche ins Universum schicken klappt bei mir immer noch nicht.

Ich kurve immer noch stundenlang durch die City und finde keinen Parkplatz, obwohl ich den Wunsch danach laut ausspreche und in den Orbit schicke. Wünsche dürfen wohl nicht in jeder Weise ausgesprochen werden dürfen, um in Erfüllung zu gehen. (Über “einen-verdammten-Scheiß-Parkplatz-in-dieser-Kacke-hier”-Wunsch ist das Universum not amused. Der wird nicht gewährt). Ich weiß das aus zahllosen Selbstversuchen.

“Lassen sie nun ganz ruhig die Frage an das Pendel in ihrem Kopf gedanklich kreisen. Die Frage könnten sie in etwa zu formulieren: „Sollte ich diesen Apfel jetzt essen?“ oder „Wird es mir gut tun, diesen Apfel jetzt zu essen?“. Sie können auch eine anders lautende Frage stellen – Beachten sie allerdings auf jeden Fall, dass es sich bei ihrer Frage um ein „Ja /Nein“-Frage handelt, also eine Frage die so formuliert ist, dass das Pendel darauf mit Ja oder Nein antworten kann. Fragen wie „Wann sollte ich diesen Apfel essen?“ oder „Wie viele Äpfel sollte ich am Tag essen? “ sind in diesem Zusammenhang denkbar ungeeignet. “

Ich zitiere hier aus: Pendeltipps.de

Es gibt auch eine Pendeltafel zum Download in Beziehungsfragen, Partnerschaft und Liebe. Überdies gibt es auch Anleitungen zur Herstellung eines Pendels. Und eine Kommentarfunktion, wo “Anonym” schreibt, dass sein Pendel aus Eisen, lang, schmal, schwarz ist…..

…..“Im Feuer selbst geschmiedet, auf dem Amboss mit dem Hammer in der eigenen Hand geformt. Hellglühend im Öl brüniert. Beim Herausnehmen hat sich das heiße Öl mit dem Luftsauerstoff entzündet. Ein Pendel aus dem Feuer. Archaisch, stark, an einem Lederband. Manchmal trage ich es als Kette um den Hals. Direkt auf der Haut. Das Pendel gehört zu mir, es ist von mir und aus mir (!!!). Die Herstellung war ein einmaliges Erlebnis.”

An dieser Stelle schüttelt der Herr Peppinello fassungslos mit dem Kopf.

Und ich komme jetzt erst richtig in Fahrt. Ich schlage vor, dass ich auch ein Pendel herstellen könnte….sozusagen von mir und aus mir. Das mit dem “aus mir” macht mir Kopfzerbrechen.

Eigentlich sollte ich es ja nicht erzählen, aber der Herr Peppinello sagt: “Ich habe ein Pendel. Nicht aus mir, aber an mir. Aus Eisen. Mit Haut. Willste mal sehen?” Ich sage: “Fahr zur Hölle! Hellglühend im Öl brüniert….” So ein Blödmann. Der nimmt mich nicht ernst.

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Ungependelte Gemuesereste, in Olivenoel mit Knoblauch und Chili gebraten, mit Origano bestreut. Dazu helles Brot. Voll mit Gluten. Auch ungependelt.

Unser Abendessen ist fertig. Wir fangen an zu essen. Im Hintergrund läuft der Fernseher. Familie Frauke und Bernard reichen einander an dieser Stelle die Hände, und danken der Muttergöttin Gaia für die Körner und Gräser. Sie sind zu Viert. Nils und Nele jammern wie immer rum (wahrscheinlich möchten sie einfach mal Pommes oder Spaghetti Bolo). Auf dem Tisch liegt noch ein fünftes Gedeck. Messer, Gabel, Teller, Grander Wasser. Das machen sie bei jeder Mahlzeit. “Für die, die nicht bei uns sind/sein können.”

So sieht das aus. Bei den Pendlern.

Morgen berichte ich euch über Grander Wasser. Das ist auch so was, naja. Und über die Wünschelrutengänger. Und über Bagel. Auch wenn die nicht zum esoterischen Quatsch passen. Ist ja schließlich ein Kochblog.

In diesem Sinne. Ommmmm.

3. Oktober 2014

Zucchiniröllchen von Claudio via Robert, oder: Gastrosexuell die Zweite–Oma Gerda rulez.

Ich habe damit begonnen, meine zerschossene Blogroll wieder herzustellen. Dabei bin ich bei Claudio via Robert auf Zucchiniröllchen gestoßen. Musste ich natürlich sofort nachmachen. Ist eine gute Idee auch für das Peppinelli-Lädchen durchaus brauchbar.

Die Herstellung der kleinen Dinger ist relativ unkompliziert, was deren Geschmack keinen Abbruch tut. Sie sind ganz köstlich. Und das obwohl ich zuerst dachte…naja..Zucchini mit Zucchinifüllung, bisschen fad. Isses aber nicht.

Das Rezept kannst du dir hier bei Claudio durchlesen. (ma dimmi un po’, caro…mica sei diventato veggie, visto che hai pubblicato????)

Ich habe die Zucchinischeiben genau wie Magdi nicht blanchiert. Die sind so hauchzart, das brauchte es nicht.

Zucchinifilets

Das erste halbwegs gelungene Bild mit der Canon. Ein Zufallstreffer.

Nebenher will ich dir weitererzählen, was bei den Gastrosexuellen auf RTL vorgestern noch so los ist montagabends. Da gibt es einen zweiten gastrosexuellen Gerätefetischisten. Den Namen hab ich mir auch wieder nicht gemerkt. Weder seinen, noch den von seinen ganzen Angeber-Apparaturen. Nur Sous-Vide ist bei mir hängengeblieben.

Der Mann ist recht jung. Auch er trägt so eine dunkelgerandete Hornbrille. Glaube ich, mag es jedoch nicht beschwören. Bevor sich jetzt die gesamte Hornbrillenfraktion aufregt: Ich habe auch so eine, bin aber weder intellektuell, noch habe ich promoviert (Grüße an Herrn Rae. M.S. aus N. – echt nicht, ich schwör’). Der junge Gastrosexuelle bekommt von RTL eine Aufgabe gestellt. Challenge nennen sie das, weil sie irgendwie vergessen haben, das man im deutschen Fernsehen auch deutsch reden darf.

Die Aufgabe ist eigentlich denkbar einfach: Der Gastrosexuelle soll ein Menü kochen. Fleisch mit zwei Beilagen. Er guckt so ein bisschen komisch, hat wohl nicht ganz verstanden.Deswegen greife ich beherzt ein und sage laut Richtung Fernseher: “Hase, du kleiner Geschmacksarchitekt! Du sollt ein Menü mit drei Geschmackskomponenten entwickeln. Kreiere bitte eine Komposition aus verschiedenen Texturen, Aromen und Ingredienzen. Geschmacksarchitektur, du weißt schon…”

Gut. Er legt los. In der nächsten Szene sieht man ihn beim Metzger. Er lässt sich alle – ungelogen wirklich alle Fleischstücke zeigen, die es gibt (ausser Schweinskopf). Geduldig hebt der Metzger ein Teil nach dem anderen aus der Theke. Schwierige Entscheidungsfindung. Der Gastrosexuelle fragt alles. Alles will er übers Fleisch wissen. Fehlt nur noch, dass der Metzger ihm verraten muß, ob das Tier für dieses Stück Monika oder Heidelinde hieß.

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Das wird die Fuellung fuer die Zucchinroellchen. Ich habe allerdings zwei gesalzene Sardellenfilets mitgebraten.und rote Zwiebeln genommen.

Der Gastrosexuelle nimmt kein Sardellenfilet, sondern was Besseres. “Darf ich mal sehen?”, fragt er. Der Metzger hält ihm das Fleischstück hin. Die Kamera fährt heran, und der RTL-Zuschauer – also in diesem Fall ich – sieht ein rohes Stück Fleisch in Großaufnahme. Der gastrosexuelle Mann frohlockt. “Guck mal diese Maserung an”, quiekt er nahezu orgiastisch, “die Marmorierung ist perfekt. Hach! das nehme ich. Ich muss sofort los! Ich werde’ verrückt, ich muß kochen!” Aha, er ist wohl auf Kochentzug und braucht 'nen Schuss vom Sou-Vide.

Zeitgleich tritt anderswo Oma Gerda auf den Plan. Oma Gerda ist nicht gastrosexuell, und ich begreife nicht so ganz, ob sie nun “Oma” mit Vornamen und “Gerda” mit Nachnamen heißt oder gar keinen Nachnamen hat, denn RTL stellt sie nur als Oma Gerda vor. Im Gegensatz zu den beiden Gastro-Kaspern.

Oma Gerda ist nämlich mit dem Gastrosexuellen in der Challenge. Sie “battlen” gegeneinander. Und Oma Gerda macht Schweinekrustenbraten mit Senfsoße, Salzkartoffeln und Gemüse, ich glaube Rotkohl. Die Stimme aus dem Off erklärt, dass Herr Omagerda (er hat keinen Namen) früher zur See gefahren ist. Geld war oft knapp und Oma Gerda viel allein. Mit wenig Mitteln brachte sie die Familie durch. Das ist bist heute so geblieben. Oma Gerda kauft preisbewusst.

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Komm, das Bild ist doch jetzt richtig gut, oder? Die leckere Fuellung aus Claudios Rezept schmeckt so gut, dass ich sie fast schon vorher aufesse.

Nach der Werbung zeigt RTL wie Oma Gerda den Krustenbraten mit Wurzelgemüse in den Ofen schiebt. Vorher kocht sie Wasser im Wasserkocher heiß, und gießt es an den Braten.

“Und warum machen sie das jetzt?”, will die Reporterin wissen. “Das macht man so.”, sagt Oma Gerda. Ich grinse. Danach rührt sie Brühe mit Senf und noch irgendetwas in einem Messbecher zusammen. Für die Soße. Sie probiert. Fügt ein, zwei weitere Löffel Senf hinzu. “Wie viel muß da jetzt rein?”, will die Reporterin wieder wissen. Oma Gerda nimmt noch einen Löffel Senf, rührt und antwortet: “So viel wie muß.” Ich grinse.

Nach der Werbepause (und weiterem Rotwein für mich) öffnet Oma Gerda den Backofen, guckt rein, dreht am Backofenknopf. “Was machen sie da jetzt?”, fragt die Reporterin. Ich denke, das siehst du doch, meine Güte. Oma Gerda erklärt geduldig: “Ich schalte  jetzt mal runter, damit die Kruste nicht so schwarz wird.”

“Und wann ist das  fertig? Wie wissen sie das?”, fragt natürlich die Reporterin. Ich glaube, die hat noch nie gekocht. Oma Gerda sagt: “Wenn die Kartoffeln gar sind, ist das Fleisch auch fertig.”

Ich lache laut. Gimme Five, Oma Gerda.

fertige Zucchinirolle

Hier nun ein fertiges Zucchiniteil. Habe aus zwei Zucchini so 20 Dinger gemacht. Waren schneller weg, als ich gucken konnte.

Der Gastrosexuelle unterdes ist nicht so erklärungsunslustig wie Oma Gerda. In seiner Küche (auch hier ein ganzer Fuhrpark von Apparaten, Geräten, teuren Messern und allem was wir noch nicht mal bei uns im Lädchen haben. Bei manchen Sachen kann ich nicht erkennen, wofür man sie braucht, oder was sie überhaupt sind. Will ich auch gar nicht wissen) wiegt der junge Mann zärtlich das Hundertdreißig-Euro-Fleischstück in den Händen. Vorsicht massiert er es.

“Ich werde das Sou Vide garen”, erklärt er. Er nimmt das Fleischstück – hat er vorher irgendwie kleiner geschnitten, hat RTL aber nicht gezeigt – und vakuumiert es. Natüüüüürlich hat er ein Vakuumiergerät. Angeber. Wie haben auch eins. Unseres hat glaube ich Fünfzig Euro gekostet, seins wohl eher Fünfhundert. Aber wir sind ja auch nur Normalos.

Das verpackte Fleisch gibt er dann in den Sou-Vide-Garer. Ich nehme zuerst fälschlicherweise an, dass das eine Fritteuse ist, sieht nämlich von außen so aus. Ich Dummie. Es ist ein Profi-Sou-Vide in Edelstahl, liegt so bei 500 – 700 Euro. Braucht kein Mensch. Der Herr Peppinello nennt so was “Wasserbad”. Zum Fleisch kocht er Gemüse. Ich weiß nicht mehr was. Zwei verschieden graubraune Pampen. Die füllt er dann in eine Sprühflasche. Das ist ein Stickstoffbla-bla für über 200 Euro, erklärt er. Wir haben so was auch. Zwei Stück. Haben noch nicht mal halb so viel gekostet. Der Herr Peppinello nennt das “Sahneflasche”. Aber vielleicht ist auch was anderes, denn wir haben mit der Sprühflasche kein Geschmackserlebnis, sondern nur Schlagsahne.

Und jetzt geht die Challenge los. Die Reporterin startet bei Oma Gerda. Herr Omagerda faltet im Esszimmer noch schnell Servietten. Das weiße Tafeltuch ist aufgelegt, Blümchen stehen auf dem Tisch, das Geschirr hat passend dazu dieses typische florale Design, welches wohl weltweit bei allen Omas sonntags auf den Tisch kommt. Kartoffeln, Fleisch, Gemüse und Soße werden in den passenden Porzellanbehältnissen serviert. Schon beim Eintreten freut sich die Reporterin.

“Hach”, macht sie, “wie bei meinen Eltern zuhause.” Es wird gegessen. Das Fleisch ist butterzart, die Kruste knusprig aber nicht schwarz, dank Oma Gerda. Die Kartoffeln sind gut. Das Gemüse auch. Oma Gerda kriegt ‘ne Eins.

Dann kommt wieder Werbung.

Endlich ist nun der Gastrosexuelle dran. Auch er hat eine Frau, aber die sagt nix, sondern sitzt nur mit am Tisch. Es gibt hier kein Tafeltuch und keine Servierschüsselchen. Auch keine Blümchen. Es ist nicht wie bei den Eltern der Reporterin zuhause, denn die sind vermutlich nicht gastrosexuell.

Gegessen wird am blanken Holztisch. Damit nichts, aber auch gar nichts, die Speisenden vom Geschmackserlebnis des im Wasserbad Sou-Vide gegarten Hundertdreißigeurofleisch ablenkt. Ich weiß jetzt nicht, ob der Beleuchter von RTL plötzlich krank geworden ist. Wäre aber möglich, denn als der Kameramann die Teller ran zoomt sieht man farbloses Fleisch und diese zwei grünbraunen undefinierbaren Pampen (Mousse von Keine-Ahnung-Was). Schaut aus, wie Bio-Babygläschen auf dem Teller ausgekippt. Die Reporterin probiert das Fleisch.Trommelwirbel. Ich halte den Atem an. Dann nimmt sie von der Babynahrung. Das Fleisch schmeckt wohl gut. Ich sehe allerdings keine Soße, habe aber auch schon eine Menge Wein getrunken. Fleisch schmeckt. Gottseidank.

Aber das Gemüse….

Das passt von der Textur her nicht zum Fleisch. “Es sind zu wenige Komponenten zum Kauen da”, erklärt die Reporterin. Außer dem Fleisch. Also Schluckfutter. Der Gastrosexuelle is not amused. Seine Frau sagt nichts. Die denkt vermutlich darüber nach, dass sie gleich die ganzen Geräte reinigen muß.

Also Leute. Klarer Sieg für Oma Gerda. Und ich hab schon lange nicht mehr so vorm Fernseher gelacht, obwohl es noch nicht mal eine Komödie war.

Danke Claudio und Robert für die Anregung zu den Zucchiniröllchen. Ganz unaufgeregt “handcraftet”. Ich kann auch schon bald kein Deutsch mehr….

1. Oktober 2014

Gestern im Fernsehen–gastrosexuell, oder: naja, lies einfach.

Also. Abends bleibe ich schon mal bei RTL hängen. Da darf ich miterleben, wie Sternekoch Henssler (wird der so geschrieben?) in Rostock ein Restaurant testet/rettet. Herr Henssler bringt dem Inhaber bei, wie man Brote belegt. Croques nennen sie die. Ich denke bei dem Wort Croques immer an diese unsäglichen Gummischuhe, in denen man Schweißfüße bekommt.

Jetzt mal im Ernst. Da fährt ein Sternekoch gen Osten und schmiert dort Stullen. Für die große Neueröffnung. Natürlich habe ich zum Ende der Sendung Puls. Und muss ein weiteres Glas Wein trinken.

Danach kommt Frau Schowrange mit “Extra”. Ich höre nur mit halbem Ohr zu, bis der Begriff “gastrosexueller Mann” fällt. Hä?

Das Erste und Einzige, was mir dazu einfällt ist Conchita Wurst. Hört sich doch schon gastrosexuell an.

Natürlich liege ich falsch. Ich habe dieses Wort noch nie gehört (der fleißigere Blogger bestimmt schon). Ich kenne hetero-, homo- und bisexuell. Achja und Cristiano Ronaldo – metrosexuell, auch so ein beklopptes Wort.

(Mein Rechtschreibprogramm unterstreicht das Wort “gastrosexuell” fortwährend rot. Gibbet nicht. Ich nehme es ins Wörterbuch auf. Rechtschreibprüfung abgeschlossen und Ruhe ist.)

Gastrosexuell? Ich kenne Gastritis und Gastroenteritis. Im weiteren Verlauf der Sendung befürchte ich eins von Beidem zu bekommen.

Collage Pilze sammeln

Was du hier auf den Bildern siehst, ist das Gegenteil von gastrosexuell. Es ist das ganz normale Landleben im Dorf meines Vaters letzten Herbst. Pilze und Kastanien sammeln. Kürbisblüten pflücken.

Das tut der Gastrosexuelle nicht. RTL stellt nämlich zwei Exemplare der Spezies vor (und bitte lass’ es keine Blogger-Koryphäen sein, denn ich werde sie gleich gnadenlos durch den Kakao ziehen. Ich entschulde mich schon im Vorfeld wieder einmal dafür, dass ich nie politisch korrekt bin. Eines Tages wird Gott mich fürchterlich strafen. Mit Gastroenteritis, oder so).

Gastrosexuell Nummer Eins wird im Eispieler gezeigt. Dort rennt er durch Edeka und sucht einen passenden Kopfsalat. Ist ja zunächst nicht weiter auffällig. Kommt mir noch nicht pervers gastrosexuell vor. “Wie frisch ist der?”, will er  vom Verkäufer wissen. Ich denke, Mann bist du doof. Die lieben doch Lebensmittel bei Edeka, und wenn du noch nicht mal siehst, ob ein grüner Salat frisch ist, dann habe ich den Begriff gastrosexuell falsch interpretiert.

In der nächsten Einblendung zeigen sie ihn zuhause. In seiner Küche. Das erschließt sich mir zunächst nicht, denn der Raum sieht nicht aus wie eine Küche. Wie soll ich das beschreiben…hm..warst du schon mal morgens nüchtern beim Arzt im Labor zur Blutuntersuchung? Das Zimmer in dem die ganzen Geräte, Apparate und Zentrifugen stehen? Ja. So sieht es in dieser Küche aus. Arbeitsfläche gibt es irgendwie keine. Alles voll. Und vollautomatisch. Der Mann zeigt stolz die ganzen Gerätschaften, und ich frage mich, wann er den grünen OP-Kittel überstreift und den Mundschutz anlegt. Gottseidank erklärt die Stimme aus dem Off, wozu die Maschinen dienen. Ebenso die entsprechenden Preise werden genannt.

Collage Fische fangen

Auch diese Bilder sind vom letzten Jahr im Urlaub. Mein Vater lebt in einem Dorf auf dem Hügel. Wenn du runterfährst ans Meer, bist du am Stretto (Straße von Messina). Hier kannst du sehen, wie die Fischer Sardellen und Sardinen Fangen. Pescheria Azzurra ohne weiteren technischen Schnickschnack.

Beim Gastrosexuellen gibt es dann auch Fisch. Kabeljau. Aber nicht so wie bei mir letzte Woche. Nein nein nein! Er serviert winzige Stücken, die er mit irgendeiner Essenz beträufelt. Dazu gibt es eine Espuma (von was, habe ich vor Aufregung vergessen). Der Fisch gart eine Minute. Das weiß ich noch. Achja. Vor dem Hauptgang kredenzt er Suppe.

Kopfsalatsuppe.

Und das macht er Folgendermaßen: Er steht vor einem Gerät, das aussieht wie eine Foltermaschine aus dem SM-Studio (auch sexuell). Da quetscht er den Kopfsalat rein. Aus einem kleinen Hahn an der Apparatur fließt daraufhin eine grüne Brühe. Sieht aus wie Wasser mit Lebensmittelfarbe oder Galle – passend zur Gastritis. Isses aber nicht. Wie gesagt, Kopfsalatsuppe. Für jeden ein Löffel. Wir wollen ja nicht übertreiben.

Ich schenke mir ein weiteres Glas Wein ein, rot – nicht grün. Meine Güte, was geht der Kerl mir auf die Nerven. Ich googele ihn in der Werbepause. Er schreibt Bücher und ist beim Radio. Herrje. Darauf einen Schluck.

Collage Landleben

Auf diesem Bild siehst du: Schweineköpfe beim Metzger in Seminara (ein Dorf weiter von meinem Vater weg), das Pilzkörbchen, den Herrn Peppinello mit dem Pilzkörbchen im Wald, einen Bund wilden Fenchel (vom Feld geklaut) und überreife Kaki Früchte, vom Boden aufgesammelt. Der Herr Peppinello findet es blöd, dass ich sage, kuck mal du gehst am Stock. Blöd findet er auch, dass er mit den Schweineköpfen auf einer Collage ist. Essen tut er sie aber trotzdem.

Der gastrosexuelle Mann würde wohl niemals schon aufgeplatzte Kakis verzehren, die schon am Boden lagen. Schweineköpfe vermutlich auch nicht. Ob er wilden Fenchel schon mal gegessen hat, weiß ich nicht. Wie er sich als Pilzsammler macht entzieht sich meiner Kenntnis.

Aber auch er ist ein Sammler und Jäger. Der Neuzeit. Bevor er das Dessert kreiert, zeugt er stolz sein “momentanes Lieblingsgerät” (so sagt er das). Stolz tätschelt er einen monströsen Edelstahlkasten, der aussieht wie eine Herz-Lungen-Maschine. Ich habe vergessen, wie das Teil heißt. Es ist aber so was wie der Ferrari in seinem Fuhrpark und kostet soviel wie ein gebrauchter Kleinwagen.

Nachtrag: Habe das Gerät gefunden: Pacojet.  Klick mal drauf. Kostet 4190,-€, versandfreie Lieferung (na Gottseidank).

Man kann Was-auch-immer in die Maschine hineingeben, sie macht aus allem, ohne jegliche Zusätze cremigste Sorbets von feinmoussiger Konsistenz. (Himmel, ob er mal Leberwurst-Sorbet gemacht hat? Das würde zur Kopfsalatsuppe passen).

Beim Dessert zeigen sie ihn und seine Frau am Küchentisch. Was sag’ ich da, Küchentisch? Die Beiden hocken an einem winzigen Klappding, welches an die einzige freie schmale Stelle neben der Tür gepappt ist. Ist sonst wohl kein Platz mehr da. Sie kocht schon lange nicht mehr, sagt die Frau. Er serviert jeden Abend seine Kreationen.

Der Reporter will wissen, woher er seine Ideen holt. Da rückt er seine Brille (natürlich groß mit schwarzem Rahmengestell, was auch sonst) zurecht und spricht:

“Ich denke immer in Menüs. Da geht es um die Geschmacksarchitektur der einzelnen Komponenten und Texturen.”

Ganz schnell kippe ich das Glas Wein in mich hinein und ziehe wie irre an meiner Zigarette. (Ja, ich rauche immer noch.) Dann muss ich so sehr lachen, dass ich mich am Qualm verschlucke. Weißt du, bei uns gibt es heute Maccheroni mit Fleischsoße. Dazu braucht es Fleisch, Tomaten, Nudeln, Knoblauch, Öl, Salz und zwei Töpfe. Wir überleben auch ohne Geschmacksarchitektur.

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Das hier sind mein Bruder Marco und mein Onkel Paolo bei uns zuhause. Beide sind hetero- und keine Spur von gastrosexuell, sondern einfach nur gierig. Der links im Bild kontrolliert, ob der rechts im Bild auch nicht zu viel nimmt.

In diesem Sinne.

(Auf den zweiten Gastrosexuellen vom RTL hab ich jetzt keine Lust mehr. Von dem erzähle ich dir später.)

 

27. September 2014

Merluzzo in umido–gedünsteter Kabeljau–geht schnell, kocht sich von allein, oder: nie zufrieden.

Nicht zufrieden ist in diesem Falle nicht der Dorsch, sondern Teile der Peppinelli-Familie. Das Fräulein Peppinella und ihr Vater, um es genau zu sagen.

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Das ist der Kabeljau. Unspektakulär. Mit der neuen Canon-Eos-sowieso-Kamera fotografiert, was es nicht besser macht. Das Gerät hat zu viele Funktionen. Gammadings, Weißabgleich, RGB und tausend Sachen mehr, von denen ich so viel verstehe wie von Nukleartechnologie oder Quantenphysik. Es gibt einen Automatik-Button. Der ist für mich.

Zutaten:

(für drei bis vier Peppinellis, von denen zwei was zu meckern haben)

  • 2 Kabeljaufilets a 500g
  • Olivenöl, Weißwein
  • Salz, Pfeffer, Origano
  • 3 – 4 Tomaten, in Würfel geschnitten
  • 1 rote Zwiebel, 2 Knoblauchzehen
  • Kapern und schwarze Oliven

Ich glaube, diese Zubereitungsart heißt “alla Livornese”, aber das ist ohne Kapern. Also nennen wir es mal “alla Peppinella”.

Also. Am Freitag säubere ich die beiden schönen Filets, und kontrolliere, ob Herr Reinsich (so heißt der Fischverkäufer meines Vertrauens) Gräten übersehen hat. Hat er nicht. Jedes Filet teile ich nun noch einmal.

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Tja. Als ich nun den Kabeljau in mit allen oben angegebenen Zutaten in den Topf geben will, kommen Peppinello sr. und seine Tochter in die Küche. “Alla Livornese” ist ihnen nicht recht, wie sie sogleich kundtun. Fräulein Peppinella möchte lieber Backfisch. Herr Peppinello möchte Kabeljau meliert und gebraten.

“Ist doch baccala’!”, möppert er. Und wieso ich den nicht so zubereite “come si deve”. Für alle, die nicht Italienisch sprechen: “Come si deve” ist keine Zubereitungsart, es gibt auch kein Rezept dafür. Übersetzt bedeutet das sinngemäß “wie es sich gehört”.

Ich kriege zu viel. Normalerweise habe ich doch jetzt einen Grund, beleidigt zu sein, weil die sich dran halten. Woanders sind sie dankbar für Fischstäbchen, oder Schlemmerfilet vom Käpt'n’ Iglo.

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Der Kabeljau (nicht Baccala’, nicht Stoccafisso und schon gar nicht “come si deve”) ist nach 12 Minuten dünsten fertig. Während des Dünstvorganges wird weiter kritisiert. Weißt du, und jetzt kriege ich während des Schreibens nochmal zu viel. Fräulein Peppinella stellt sich hinter mich, und kommentiert über meine Schulter hinweg. Das kann ich prima leiden. Sie schaut auf das letzte Bild und sagt tatsächlich: “Hm. Lecker.” Hä?

“Willst du mich verarschen?”, frage ich, denn am Freitag hat sie fortwährend rumgenölt und alles auf dem Teller hin- und her geschoben. Nein. Sie fand den Fisch schon gut. Nur die Oliven nicht. Und die Kapern nicht. Und die roten Zwiebeln nicht. Und das Origano nicht. Der Weißweinsud, naja. Und das Gedünstete ist eben immer so labbrig. Aber ansonsten schon. Was auch immer das heißen mag.

Für alle, die sich nun über meinen Umgangston aufregen. Ja, ich frage meine Kinder ab und an, ob sie mich verarschen wollen, denn mich beschleicht des Öfteren das Gefühl, sie tun es.

Kabeljau gedünstet

Und freitags gibt es weiterhin Fisch. Beim nächsten Mal “come si deve”, wenn mir danach ist.

14. September 2014

Biscotti di mandorle – sizilianisches Mandelgebäck, oder: Was willst du wissen?

Jetzt fragst du dich bestimmt: Peppinella, wer war das nochmal? Hat die nicht ganz ganz ganz früher mal was übers Essen geschrieben? Ja.

Und dann irgendwann keine Lust mehr gehabt. Das Leben geht vor. Ein paar Jahre sind das wohl schon, dass mich diese Flaute befiel. Natürlich haben Peppinellis während dieser Zeit auch (viel) gegessen. Stressfrei, ohne Kamera, ohne Fummlerei am Tisch (“können wir jetzt endlich anfangen?”)

Damit ist jetzt Schluss. Alle müssen ab nun wieder warten, bis Mutti alles hundertfach geknipst hat. Dazu musst du wissen, dass ich an diesem Post schon seit geraumer Zeit arbeite. Seit dem vergangenen Valentinstag, um genau zu sein. Meine Fresse, das sind sieben Monate. Seitdem habe ich nämlich eine neue Kamera. Canon EOS 100D.

Und das trug sich folgendermaßen zu. Am 14. Februar Anno Domini 2014 überreichte mir der Herr Peppinello nicht etwa ein Geschenk in Herzform mit Schleife, sondern eine Plastiktüte vom Mediamarkt mit den Worten:

“Das ist für die letzten fünfundzwanzig Jahre, in denen du nichts bekommen hast. Und für die nächsten Fünfundzwanzig gleich mit, also heul’ nächstes Jahr nicht rum.”

Drin war der Karton mit Kamera, Objektiv und Tasche.(Kurze Randbemerkung: Wir sind so romantisch wie eh und je. Der leicht schroffe Umgangston hat sich nicht geändert. Alles beim Alten.)

Seither blogge ich in Gedanken. Also ich nehme mir das vor.

Hier aber erst einmal die Zutaten für die Biscotti di mandorle (oder auch “weiche Amarettini”):

  • 500g Mandelmehl von geschälten Mandeln
  • 300g Zucker
  • 3 Eiweiß (Gr.L)
  • einige Tropfen Bittermandel
  • Puderzucker

Backofen (Ober- und Unterhitze) vorheizen auf 160 Grad

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Die Zutaten verknetest du kurz mit der Hand, bis ein grober, marzipanähnlicher Teig entsteht.

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Nun formst du 30 Kugeln von ungefähr 3 cm Durchmesser und wälzt sie in Puderzucker.

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In die Oberseite kannst du eine Mandel oder einen Pinienkern stecken. ich habe Pinienkerne genommen, weil sich im Hause Peppinelli die Mandeln atomisiert hatten (wie so vieles so oft).

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Die Kekse bäckst du nun wie oben angegeben bei 160 Grad für 10 bis 12 Minuten. Sie sind dann noch sehr weich. Nicht irritieren lassen – nicht weiterbacken, sie härten etwas nach. Bei längerer Backzeit werden sie hart wie Stein.

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Fertig. Ist natürlich ganz einfach, hat aber einen kleinen Haken. Der Preis für das Mandelmehl ist nicht von schlechten Eltern, ein Kilo kostet hier16 Euro. Dachte, das sei in Italien günstiger, ist es aber nicht.

Und sonst?

Außer der Kamera habe ich verschiedene neue Schuhe, Handtaschen; Kleidungsstücke, aber ich glaube nicht, dass dich das interessiert. Herr Peppinello ist wie immer. Mit zunehmendem Alter treten alle seine markanten Charaktereigenschaften noch stärker hervor. Bei mir ist das genauso. Also immer Drama, Lieb, Wahnsinn. Das Fräulein Peppinella ist jetzt ein echtes Fräulein. Abi und Führerschein in der Tasche. In knapp drei Wochen beginnt ihr Studium. Der kleine Peppinello ist nicht mehr so klein und geht nicht mehr in den Kindergarten, sondern ins Gymnasium. Fortan werde ich ihn hier unter dem Namen “der junge Herr Peppinello” führen. Oder: schöner Prinz, eingebildeter Fiffi, kleiner Itty. Da bedient er jedes Klischee. Meine Schwiegereltern sind umgezogen. Nicht nach Italien, sondern einige Straßen von hier weg. Aber das allein ist eine seitenfüllende Geschichte. Apropos: Nein. Ich habe immer noch kein Buch geschrieben. Ich kann das nicht.

So. Nun hab ich keine Lust mehr. Muss reichen für heute. Ciao.

Boah. Ich drück jetzt auf “Veröffentlichen”, bevor ich alles wieder lösche.