5. Oktober 2014

New York Bagels, von wegen amerikanisch: Bejgl aus Ostgalizien.

Wir sind nicht gerade begeisterte Butterbrot-Esser. Aber irgendwas müssen die Peppinelli Kinder mitnehmen, zur Schule und zur Uni. Vor einiger Zeit kamen dann Bagels ins Gespräch. Aber wo kauft man die? Wir wohnen nun nicht gerade in New York City. Hier gibt es lediglich diese abgepackten blassen Dinger zum Aufbacken. Und was da drin ist, weiß ich nicht so genau. Auf der Verpackung kann ich es nicht lesen, weil ich mittlerweile eine Lesebrille brauche. Die habe ich verlegt. Wie so Vieles.
Ich mache mich auf in die unergründlichen Weiten des Internet, um nach Bagel-Rezepten zu suchen. Die gibt es wie Sand am Meer. Die meisten beginnen so: “Schneiden Sie den Bagel auf…”
Ich will doch erst welche backen. Nach längerem Herumsuchen erfahre ich dann schließlich, dass Bagels gar nicht amerikanisch sind. Jüdische Einwanderer haben das Rezept mitgebracht. Aus Ostgalizien. Noch nie gehört. Also frage ich Wikipedia. Ich kenne Galicien, Nordspanien. Ostgalizien, so sagt das Internet, welches schlauer ist als ich, umfasst Teile der Ukraine und Südpolen. Und eigentlich heißen die Bagels ursprünglich jiddisch “Bejgl”. Weil sie gebogen werden. Logisch. Irgendwann habe ich mal ein Buch gekauft. “Die jüdische Küche” von Salcia Landmann. Dort suche ich “Bejgl”. Und finde das Rezept.
Zutaten für 18 Stück:
  • 8 Tassen Mehl
  • 1/2 Würfel Frischhefe
  • 2 – 3 Tassen Wasser
  • 1 TL Salz
  • 2 große Eier
  • 8 EL Öl
  • 1 Ei zum Bestreichen
  • Mohn, Sesam, grobes Salz nach Belieben
Bagels Collage 1Hier wird heute von Hand geknetet. Frau Landmann will das so.
“Ist doch Pizzateig”, sagt der Herr Peppinello. “Nein. Hier kommen Eier rein. Und Öl. Du nimmst Sugna (Schweineschmalz),” korrigiere ich. “Ist doch das Gleiche.”, meint er dann.
Ich frage ihn, wie er denn bitteschön auf das schmale Brett kommt, dass in der jüdischen Küche Schweineschmalz verwendet wird. Er überlegt einen Augenblick, mein Hase. Schließlich fällt es ihm ein. “Ach ja. Das ist wegen halal und haram.” Ich drehe die Augen nach oben, bis nur noch das Weiße zu sehen ist.
“Kosher”, sage ich, “es heißt bei denen kosher.” “Ist doch das Gleiche.”, meint er nochmal. Gut. Er ist halt nicht “EinerVonUns”. Ich auch nicht.
Den Zucker und die Hefe vermische ich mit wenig Wasser. Die beiden Eier schlage ich mit der Gabel auf. Dann gebe ich alle Zutaten zum Mehl, und knete so lange, bis ein elastischer Teig entsteht, und forme ihn zu einer Kugel (wie Pizzateig…). Der Teig muß abgedeckt ungefähr eine halbe Stunde gehen. So steht es im Rezept. Der Herr Peppinello meint “zu kurz, viel zu kurz”. Ich meine in Gedanken “halt mal den Rand, Hase”.
Bagels Collage 2Nach dem ersten Mal “gehen” werden Kringel gebogen. “Bejgl”.
Den Teig teile ich jetzt in 18 kleinere Stücke. Daraus forme ich längliche Rollen von 2 Zentimeter Durchmesser und ungefähr 15 Zentimeter Länge. Die werden zu Kringeln gebogen und verschlossen. Auch die Kringel müssen abgedeckt abermals eine halbe Stunde gehen.
“Viel zu kurz.” Nein. Es ist nicht zu kurz. Die Bejgl werden nämlich vor dem Backen gekocht. Im Gegensatz zum Pizzateig, meine Güte.
Bagels Collage 3Hier sehen sie aus, wie diese Aufbackbagels aus dem Supermarkt.
In einem Topf mit schwach gesalzenem Wasser, koche ich jeweils 4 Bagel  Bejgl von jeder Seite (bitte wenden) höchstens 5 Minuten. Nix ist zu kurz, denn die Teigkringel plustern sich im Kochwasser nochmal schön auf.
Ich gebe sie auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech und bestreiche sie mit verdünntem Eigelb. Nun bestreue ich die Kringel mit Mohn und Sesam. Ich backe sie im Pizzaofen auf Schamottestein und stelle den Ofen auf 150 Grad Ober- und 150 Grad Unterhitze. Ich denke, im konventionellen Backofen musst du auf 180 bis 200 Grad backen.
IMG_1327Bejgl. Fertig.
Die Bejgl sind fertig, wenn sie eine goldgelbe Farbe haben. Dauert bei mir eine Viertelstunde. ich gucke ein paar Mal nach, damit nichts passiert. Der Pizzaofen ist unberechenbar.
IMG_1331Bejgl. Innenansicht. “Halal.”
Bei Salcia Landmann lese ich, dass die Bejgl ursprünglich ein Arme-Leute-Essen waren. Die jüdischen Einwanderer, die in New York bessere Zeiten erlebten, belegten die Bejgl bald luxuriös mit “Schmier” (Frischkäse) und “Lokkss” (gebeizter Lachs).
Beides habe ich natürlich gleich nachgemacht. Von Hand. Der Käse ist morgen früh abgetropft. Der Lachs muß allerdings noch bis morgen Nachmittag ziehen. Die Rezepte zu “Bejgl mit Schmier und Lokss folgen. (“Schneiden Sie den Bagel auf…).
Dann erfährst du auch Neues von der Wünschelrutengänger-Fraktion. Da habe ich Sachen herausgefunden…du wirst es nicht glauben.

7 Kommentare:

  1. Ein schönes Schmankerl am Sonntag Abend und natürlich freue ich mich auf die Fortsetzung ... und natürlich auf die Anleitung: "Schneiden Sie den Bagel auf" :-)
    Zwei Jahre New York Aufenthalt haben bei mir verschiedene Spuren hinterlassen. Eine davon: I love Bagels, with Lox and Cream Cheese.
    Liebe Grüsse aus Zürich,
    Andy

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  2. Die Bejgl werden vor dem Kochen gebacken? ;-)

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  3. Liebe Peppinella,
    habe gerade erst entdeckt, dass Du wieder schreibst und freu mich riesig über die neuen Episoden. Hab schon herzlich gelacht.
    Das Claudio-Rezept mit den Zucchini-Röllchen werde ich bestimmt probieren.
    Liebes Grüßle, Brigitte

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