Das hier ist das Fräulein Peppinella. Sie besucht ein katholisches Gymnasium. Erzbischöflich. Für Mädchen. Neulich sorgte Fräulein Peppinella für Aufruhr im Erkunde-Unterricht. In der großen Pause weitete der Aufruhr sich dann zu empörten Protesten, sowie kollektivem Entsetzen aus.
Und das kam (wie sie mir berichtet) so:
Herr Dr. R. ist der beliebteste Lehrer der Schule. Er gibt Erdkunde. Ab und an zeigt er themenbezogene Filme. Dieses Mal auch. Gezeigt wurde ein Schlachthof. Rinder. Und ein Kopfschlächter. Die jungen Damen sehen, wie er das Tier schießt und ihm dann die Halsschlagader durchtrennt. Nun ist das zugegebenermaßen grausam. 27 von 30 Schülerinnen fangen an zu weinen. Einigen wird schlecht. Alle rufen laut in die Klasse. Herr Dr. R. stoppt die Filmvorführung und versucht, die Ladies zu beruhigen. Sie diskutieren. Einige wollen Vegetarierinnen werden. Die, die es schon sind, werden wohl demnächst nur noch vegan essen. Als alles wieder halbwegs im Lot ist sagt das Fräulein Peppinella: “Ihr seid doch bescheuert und verlogen. Ihr esst alle Steaks, oder Rouladen, oder Braten. Jetzt kriegt ihr das Grausen? Was dachtet ihr denn, wie die Tiere überhaupt auf eure Teller kommen?” Einige denken nach, und sagen dann: “Ja…aber nie mehr Rindfleisch. Nie-nie-nie mehr.” Nun ist das Fräulein Peppinella die Tochter ihrer Eltern. Essenstechnisch. “Klar”, stellt sie fest, “und bei den Kälbchen ist das dann gaaaaanz was anderes…pfff….außerdem: Ist gekochter Schinken etwa kein Fleisch? Meint ihr, das wird in der Fabrik synthetisch hergestellt? Oder es wäre sowas wie Tofu? Was glaubt ihr wie die Kaninchen, Lämmer, Schweine, Hühner (und jetzt begeht sie ein Kaptalverbrechen…eine Todsünde) oder Pferde getötet werden?”
“Pferde. Pferde? Wie kommst Du jetzt auf Pferde? “ Ein allgemeines Raunen macht sich breit. “Na, wir essen zu Hause Pferdefleisch”, erklärt da Fräulein Peppinella ungerührt. Alle schauen sie an, als sei sie eine Massenmörderin, oder als hätte sie Lepra. Oder Creutzfeldt-Jakob. Ihre besten Freundinnen rücken ein Stück von ihr ab.
Und genau zu denen sagt sie nun völlig emotionslos: “Wisst ihr, wie oft ihr das schon bei uns daheim gegessen habt? Ihr dachtet immer, das wären Minutensteaks vom Rind….”
In diesem Sinne, für all die kleinen Ladies, die es nicht glauben können:
Der Pferdemetzger kommt aus Mönchengladbach und steht steht wöchentlich jeweils bis 11:30 Uhr donnerstags auf dem Markt. Kunden sind zur einen Hälfte ältere Herrschaften. Sie kaufen Knoblauchwurst vom Pferd, oder ein schönes Stück Fleisch für den echten Rheinischen Sauerbraten, denn der wird im Original mit Pferdefleisch zubereitet, und nicht mit Rind.
Die andere Hälfte der Kunden sind Italiener. Sie kaufen Roastbeef, oder (so wie hier auf den Fotos) Filet. Die propere Verkäuferin kennt die Kundenwünsche, und fragt: “Filet als Fettine geschnitten?”
Die Fettine (dünne Scheiben) werden kurz gegrillt, mit Olivenöl und Zitronensaft beträufelt, und mit Salz, Pfeffer und Origano gewürzt.
Abschließend möchte ich sagen, dass ich diesen Bericht las, und daraufhin grob entsetzt war. ich werde trotzdem weiterhin Fleisch essen.
Oh ja, das Bekenntnis zu Pferde- und Fohlenfleisch macht einen hierzulande ruckzuck zur Aussätzigen. Habe ich bei der italienischen Familie kennengelernt, lange Jahre bei meiner Augsburger Pferdemetzgerin gekauft auf dem Stadtmarkt (die Pferdeknacker! die Fohlenbeinscheiben für Ossobuco! die Rouladen!).
AntwortenLöschenIn München suche ich noch eine gute Quelle, der Pferdemetzger auf dem Viktualienmarkt ist nicht sehr appetitlich.
Warum solltest du auch auf Fleisch verzichten. Das Problem in der heutigen Gesellschaft ist doch nur, dass viele nur noch die Fleischteile hübsch verpackt kaufen und den Gedanken an das ganze Tier verdrängen.
AntwortenLöschenDiese Frauen im Hause Peppinella, mamma mia, troppo forte!
AntwortenLöschenwie kannst Du Deine arme Tochter nura uf so ein Gymnasium stecken, ich war da auch drauf, in Köln und kann aus Erfahrung reden....
AntwortenLöschenHier gibt's sogar Pferdemetzgereien und ich esse manchmal als Tatar und wir haben Pferde!
gefällt mir, das fräulein peppinella. vielleicht solltet ihr dort mal eine stunde unterricht geben.
AntwortenLöschenpferdefleisch ist in wien noch relativ üblich. der bekannteste wiener pferdemetzger hat es sogar in eines der bücher von jeffrey steingarten geschafft. was ich an der ganzen diskusssion nicht leiden kann (und da geht es mir offenbar so wie fräulein peppinella) ist die verlogenheit, mit der über das thema fleisch essen diskutiert wird.
Daumen hoch für deine Tochter! Das hätte ich sein können in diesem Alter. Aber ich bin auch auf dem "Dorf" aufgewachsen. Ich erinnere mich noch an meine erste Hausschlachtung, ich müsste 4 gewesen sein, ich weiß noch wie die Sau geschrien hat, und ich kann mich lebhaft an das grandiose Kesselfleisch erinnern. Hat mich nicht zur Vegetarierin gemacht.
AntwortenLöschenWas den Link in deinem letzten Satz angeht: vegetarisch-geniessen.com gehört zu der extrem seltsamen Sekte "Universelles Leben", die in Würzburg/Kreuzwertheim ansässig ist. Da werden urchristlich verwirrte Ideologien mit einer streng vegetarischen Lebensweise vermischt. Diverse vegetarische/vegane Bioläden und Läden mit Esozeugs dieser Herrschaften gibt es bei uns in der Gegend (sogar ein ganzes Einkaufszentrum), als Würzburger hat man da von so manchen Angehörigen von Sektenmitgliedern schon Geschichten gehört, die einen da nicht kaufen lassen. Das nur soweit, um dem Link etwas die Glaubwürdigkeit zu nehmen. ;)
Samstag - Fischhändler - Augsburger Stadtmarkt - Forellen noch fröhlich schwimmend im Trog.
AntwortenLöschenDame vor mir sucht sich zwei lebende Forellen aus, der Fischer nimmt die Forellen und erschlägt sie mit einem Prügel.
Das macht er sogar noch, in dem er uns den Rücken zudreht. Leider macht er nur eine 150 Grad-Drehung und die Dame kann
das Erschlagen erahnen. Daraufhin will sie diese zwei Fische nicht mehr und sucht sich zwei neue lebende aus ... die
der Fischer dann nach einer vollen 180 Grad-Drehung erschlägt, die Augen nach dem Bezahlen gen Himmel verdreht ... und
ich erbarme mich der ersten zwei Fische, die er mir zum Sonderpreis verkauft!
Wahnsinn manche Leute, oder?
Hihi, darf ich Fan von Deiner Tochter werden?
AntwortenLöschenGanz großes Kino! Ich verneige mich vor dem Fräulein...
Ach, herrje, die Leute ham doch alle ein völlig kaputtes Verhältnis zu solchen Dingen. Nur weil sie ihr Fleisch mittlerweile in Plastik eingeschweißt kaufen vergessen sie die Komponente "Tod", die eh immer zum Essen gehört. Verrückt. Genauso wie die halbe Welt dann schockiert ist, dass im Krieg auch mal Menschen sterben (aha, mal was ganz Neues...).
Ick vertseh die Welt echt nicht mehr (zugegeben: meine Großeltern waren Metzger - das Karnivore liegt mir einfach).
Die Damen im Hause peppinella sind mir ja sowas von sympathisch!
AntwortenLöschenAber das Dollste: Gibt es etwas den Pferdemetzger noch? Den aus Hardt? Ich habe vor ein paar Tagen noch bei Nils darüber geschrieben, dass ich gerne Fohlen esse und über den Remscheider Markt mit dem tollen Pferdemetzger. Und über Rheydt, Mönchengladbach und dass es dort auch einen Dealer für Pferdefleisch gab bzw. anscheinend noch gibt. Das ist ja wohl ein Ding!
Für die Vorosterzeit habe ich auch schon ein kleines Schmankerl in petto, das mir bei unserem letzten Kurzurlaub vor die Linse gelaufen ist. Schau'n mer mal, wie das ankommt.
Im nächsten Leben will ich Haare wie die Deiner Tochter haben, sonst verzichte ich auf die Reinkarnation.
*kaltmamsell: ossobuco vom fohlen ist ein non plus ultra in der "black-beauty-küche"
AntwortenLöschen*ulrike: das problem liegt genau dort. alles wird nett verpackt, man is(s)t sorg- und skrupellos
*claudio: dillo al signor peppinello, che a volte preferirebbe scappare da queste streghe.:-)
*bolli: warst du auf dem irmgardis? hattest du Obestudienrat Dr. Becker in Latein?
*katha: ich gehe davon aus, dass du eine echte fleischliebhaberin bist...wie wir
*evi: eine sekte? dachte ich mir doch. das interview war so komisch
*nathalie: manche leute sind echt sowas von blöd. das problem ist, das solche menschen, wie die mit dir am fischstand zu 99% frauen sind. das ärgert mich immer masslos
*jutta: guck mal hier: http://www.pferdemetzgerei-janssen.de/index.htm
die junge dame in der mitte (auf dem foto) ist die freundliche tanja, tochter des hauses jansen.
*natalika: das fräulein peppinella grüßt dich und sagt danke. sie teilt deine meinung über die verlogenheit
...und jutta...du möchtest diese haare nicht wirklich haben. glaube es mir.
Peppinella ist eine Wucht! Sie soll bleiben wie sie ist:-) Und wenn Jutta nicht alle braucht, hätt ich gern auch einen Teil dieser Mähne;-) wuuundervoll schaun die aus! Wie bei Julia Roberts in "Pretty Woman":-)
AntwortenLöschenDanke für diesen knackigen Bericht. Ähnliches oft erlebt. Und kauf immer wieder gerne beim Jansen in Mönchengladbach.
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