Ich bin in Deutschland aufgewachsen. Als Kind kannte ich den Ochsenschwanz nur als Suppe, wahlweise gebunden oder klar. Ich hatte keinen blassen Schimmer, was mir entging.
La Coda, also den Ochsenschwanz, bezeichneten die Metzger in Rom früher als "qiunto quarto” (fünftes Viertel). Wie auch die Trippa zählte er zu den “avanzi”. Unverkäufliche Reste, die kein Kunde haben wollte. Darum aßen sie den Ochsenschwanz meist selbst, und dachten damals wahrscheinlich nicht darüber nach, dass sie so eines der berühmtesten Gerichte der römischen Küche auf den Weg brachten: La coda alla vaccinara.
Die Coda muss ich beim Metzger vorbestellen, denn hier im Rheinland ist Ochsenschwanz irgendwie nicht soooo gut verkäuflich, keine Ahnung wieso. Gesagt getan, und ran an den Herd.
Zutaten für 4 Peppinellis:
- 1,5 kg Ochsenschwanz
- 200g Guanciale (oder Lardo)
- 1 gewürfelte Zwiebel
- 2 Knoblauchzehen
- einige Gewürznelken
- Salz und Pfeffer
- 1/4 l Weißwein
- Olivenöl zum Anbraten
- 3 kleine Dosen Pelati (bei uns pomodorini Coppola)
- 500g Sellerie, kleingeschnitten
- Riagtoni (Nr. 24 von De Cecco)
Ja. Natürlich muss ich mich schon beim Kleinschneiden des Guanciale (umbrische Schweinebacke), beherrschen nicht jedes zweite Würfelchen in meinem Mund verschwinden zu lassen.
Und: Ja, natürlich hat der Metzger mit gefragt, ob er mir den Ochsenschwanz hacken soll. Was habe ich großspurig geantwortet? “Nö, mach ich selbst.” Ich weiß selbst nicht, warum ich manchmal so dermaßen blöd bin. Zuhause erweist sich der ochsenschwanz nämlich als äußerst widerspenstig. Ich hantiere mit verschiedenen Messern herum, taste das Teil ab, bewege die einzelnen Glieder. es klappt nur teilweise. Schließlich laufe ich nach unten ( = Herrn Peppinello`s Küche im Lädchen) und hole mir ein großes Hackbeil…..Mit Gewalt geht alles…
Schließlich brate ich das Fleisch mit den Schweinebackenwürfeln (was für ein Wort!!!) von allen Seiten schön kross und gebe dann die Zwiebel und die Nelken hinzu. Die aufsteigenden Düfte machen mich fast ohnmächtig. Ich esse weitere Würfelchen vom Guanciale, direkt aus dem Topf. Danacj lösche ich mit dem Weißwein ab, und zwar schlückchenweise, so dass er immer wieder verdampft. Einige Schlückchen führe ich mir mit weiteren Würfelchen zu Leibe. Ein wunderbarer Vormittag. (Morgens halb Zehn in Deutschland.)
Später gebe ich die geschälten und zerkleinerten Tomaten zu, und den Sellerie. Nun fehlt eigentlich nur meine Lieblingszutat: Zeit. Also mache ich dasselbe wie immer: Herd runterschalten, Deckel schräg stellen und alles bei kleiner Flamme ungefähr 4 Stunden schmoren lassen. Rechts oben auf dem Bild ist noch ein Stück Fleisch nicht vollkommen zerfallen….aber trotzdem nur schlecht zu erkennen.
Ich koche Rigatoni dazu. Die vermischen wir dann mit dem herrlichen Sugo. Das Fleisch ist butterzart, und gibt dem Ganzen einen wunderbaren Geschmack. Schade ist nur, das meine Fleischgerichte auf Fotos fast alle gleich aussehen: umhüllt mit Rot (Tomatensoße). Herr Peppinello nagt während des Essens die Knochen ab, und sieht wie ich mit Leichenmine versuche, die einzelnen Fleischstücke zu fotografieren.
“Na und?”, sagt er, “den Geschmack kriegste eh nicht auf das Bild.” Seine Tochter will wissen, was das denn überhaupt für eine Sorte Fleisch sei, und bevor ich ihn abwürgen kann, antwortet de Herr Peppinello:
“Ochsenschwanz.”
“Wie jetzt?” Entsetztes Schweigen seitens Fräulein Peppinella. Sie legt die Gabel hin. Dann fällt bei mir der Groschen.
“Nicht was Du denkst!!” (Meine Nerven.)
Seit ich eine Sugo di coda vor gut einem 3/4-Jahr das erste Mal gemacht habe, ist sie innerhalb kurzer Zeit zu einer meiner Liebelingssaucen geworden, auch schon im Blog:
AntwortenLöschenhttp://cucina-casalinga.blogspot.com/2009/03/bombardoni-al-sugo-di-coda.html
pssst @nathalie :ich weiß!!!!
AntwortenLöschenOh, das könnte ich jetzt auch essen! Und eine schöne Geschichte dazu, besonders über den Schluss musste ich schmunzeln, das hätte auch von meiner kleinen Cousine kommen können ;-)
AntwortenLöschenHa! Wo ich doch tatsächlich noch ein wenig Guanciale im Kühlschrank habe vom Rombesuch!
AntwortenLöschenKlasse .... grins!
AntwortenLöschenHier wird im Moment nicht gekocht, das Rezept krame ich aber wieder hervor .... versprochen
Ochsenschwanz- wunderbar-eines meiner lieblingsgerichte...armes Frl. Peppinella! Hat es ihr denn auch geschmeckt?
AntwortenLöschenKomisch, die gleiche Assoziation wie deine Tochter hatte unser Gast auch, als ich ihm sagte es gäbe Ochsenschwanzssuppe.
AntwortenLöschenSchöes Rezept mit schöner Geschichte
Ulrike @ Küchenlatein
Super! Über den Schluss musste ich auch herzlich lachen (so früh am Morgen geht das bei mir eigentlich kaum) - ich hab' mir Dein Fräulein Peppinella bildlich vorgestellt. Grüße an Euch alle. :-)
AntwortenLöschenOchsenschwanz kenne ich auch nur als deutsche dunkelbraune Suppe (das letzte Mal vor 30 Jahren gegessen, denke ich) - super, was Römer Metzger und Du daraus zaubern.
lecker! Und im Gegensatz zu dem Ignoranten in D. (hihi!) gibt's hier Ochsenschwanz immer beim Metzger, wie auch die Bäckchen, jetzt bin ich gemein, gelle?
AntwortenLöschenSag mal, habe ich das jetzt Überlesen, oder lässt Du die Knochen ran? Keine Puhlerei?
herrlich, Ochsenschwanz gibts hier zu kaufen und Zeit ist auch kein Problem. Dazu ein Glas Est!Est!Est! und schon ist Sonntag.
AntwortenLöschenMuss ich unbedingt probieren! Sag dir dann Bescheid wie´s uns gesachmeckt hat.
AntwortenLöschenOh, was für eine schöne Geschichte, ein wunderbarer Vormittag für eine Leserin mitten in Deutschland. Ich lese Ihre Geschichten so gern, obwohl ich nie Fleisch koche - nur in der Literatur nehme ich von allem. Herzlichen Dank!
AntwortenLöschenDas ist so´n Rezept, wo man sich herrlich bei betrinken kann - zugucken beim Schmoren und dabei ein Fläschchen van Volxem-Riesling - nur, Abpiddeln muß ich das Fleisch am Schluß immer - sonst geht bei uns da keiner dran...
AntwortenLöschenZum Glück habe ich hier in der ländlich geprägten, oft zitierten rheinhessischen Provinz alle Möglichkeiten, um an Ochsen, ihre Schwänze und Backen zu kommen.
AntwortenLöschenBeide gehören zu meinen absoluten Lieblingsgerichten. Von "Diebchen mit Ochsenschwanz" über die Backen in Portweinsauce, ich liebe das alles sehr. Und wie Claus schon sagte, man kann so schön trinken dabei, weil es so herrlich lange dauert. Nach dem Motto: "ich koche sehr gerne mit Wein und manchmal kommt auch welcher ins Essen"
Ochsenschwanz wurde bei uns problemlos akzeptiert, bei Backen musste ich mehr Einsatz bringen, an einem Schweinekinn bin ich bisher noch gescheitert. Als Reaktion gab es bloß: "Iiiihhhh, ich ess doch keinen Rüssel! Mir doch egal, was der Tim Raue macht!"
Eine lustige Geschichte und ein grandioses Gericht !!
AntwortenLöschenOchsenschwanz kann ich hier kaufen, aber keine Schweinebacken ...... aber mit Pancetta müßte es doch auch gelingen, oder ?
Kochen mit Wein ist immer sehr entspannend, man muß nur bei 4 Stunden Schmorzeit aufpassen, daß die Vollendung des leckeren Gerichtes noch *klar* erlebt wird :-))))
Das mit den Knoblauchzehen, das ist ja verwirrend inzwischen, weil ich sehe, du nimmst die chinesischen, die sind ja viel größer als die unsrigen von der Knolle.Das fällt mir in letzter Zeit bei vielen Gerichten auf, und dann frag ich mich immer, welchen Knoblauch meinen die jetzt? Gut, dass man es bei dir sehen kann :-)
AntwortenLöschenAch, sapori di casa. Auf der Liste steht jetzt erst Ossobuco, dann kommt die coda dran. Ab Januar gibt's Diät, bis dahin hab ich nocht etwas Zeit, mir den Bauch vollzuschlagen :-)
AntwortenLöschenOchsenschwanz eines meiner Lieblings-Rindsteile! Herrlich *pfützchenaufderzungehab* und so zubereitet stell ich ihn mir besonders schmackig vor.... muss unbedingt probiert werden auch wenn die Männer sicher über die Fitzelei maulen werden!
AntwortenLöschenHey, sieht ja wirklich lecker aus :=)
AntwortenLöschenDas sieht fantastisch aus..Ochsenschwanz kenne ich auch nur als Suppe - Danke für diese Anregung ich werde mich auf die Suche machen
AntwortenLöschenTolles Rezept, wenn ich die Zutaten bekomme, mache ich das auch mal. Und ein so süßes Ende Deiner Geschichte...
AntwortenLöschenDas hört sich nach einem richtig leckeren Ragu an. Vorher steht bei mir aber noch Ossobuco auf der Liste.
AntwortenLöschenSo liebe ich ihn auch und bei unserem Metzger gibt es ihn in allen Größen portioniert.
AntwortenLöschenLecker lecker. Ich mach immer noch ein Stücken Bitterschokolade rein. Das gibt der Sauce noch etwas Glanz.
AntwortenLöschenIch muß am Montag mal in die Kleinmarkthalle fahren:)
Gruß aus FFM
Ich liebe Ochsenschwanz - den hat uns erstaunlicherweise schon meine Mutter in meiner Jugend "alla vaccinara" vorgesetzt (ok, nicht ganz so authentisch wie deiner...) Ich hab den dann in der Studentenzeit übernommen, war immer ein günstiges und ausgesprochen wohlschmeckendes Essen. Hier im Süden ist Ochsenschwanz sogar bei meinem Dorf-Supermarkt immer zu haben.
AntwortenLöschenGerade eben klingelt Frau Nachbarin und "beschwert" sich über den Duft, den meine Dunstabzugshaube zu ihr herüberweht. Nun heißt es nur noch slow cooking und warten ...
AntwortenLöschenUlrike @Küchenlatein
3 Wochen gesucht, jetzt ruht ein Ochsenschwanz im Kühlschrank. Es ist teilweise kein Wunder, dass der Einzelhandel Probleme hat, ich wurde erst in der Metro fündig.
AntwortenLöschenIch konnte ihn auch nirgendwo bestellen .-(
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