Ab und an bin ich Darth Vader. In der Welt meiner Schwiegermutter. Das personifizierte Schlechte sozusagen. Bösartig. Und das kommt so: Angenommen sie ruft an. Natürlich wissen Du und ich, dass sie anruft. Oft. Das Gespräch beginnt sie in neundunneunzig einhundert Prozent aller Fälle mit der Frage: “Was machen die Kinder?” Sie fragt das nicht in deutscher Sprache. Auch nicht italienisch. Sie spricht breitestes neapoletanisch.
“Ke fanne’ e kreature?” (Was machen die Kinder?) und danach: “Ke stai kuschenene?” (Was kochst Du?) Anfangs – also vor mehr als zwei Jahrzehnten – hatte ich große Schwierigkeiten sie zu verstehen. Ach was. Ich verstand gar nichts, weil mir der Dialekt fremd war. Aber ich war ein braves Mädchen, gefolgsam und gelehrig und bemühte mich. Mittlerweile kann ich sogar neapoletanisch sprechen. Wenn ich hochgestochen Italienisch rede, guckt sie mich nämlich immer komisch an. Antworte ich auf Deutsch, verweigert sie oft die Antwort. Jedoch…ab und an, da reitet mich irgendwas und ich antworte ripuarisch, obwohl ich ja keine echte Ripuarierin bin, sondern nur eine “Nojemaate” (Nachgemachte). Bevor Du jetzt googelst: Ripuarisch ist nichts anderes als ordinäre rheinische Mundart. Es gibt sogar ein ripuarisches Wikipedia.
Also…wir spulen kurz zurück. Sie fragt: “Ke stai kuschenene?” Darauf sage ich scheinheilig: “Wersingschaffu met irdääpel dörschenanger.” Sie versteht das natürlich nicht. Also sage ich: “Endopp met Kappeswoosch”. Ich komme mir echt böse vor, wie Darth Vader. Am liebsten würde ich – schwer atmend - in den Hörer röcheln: “Komm auf die dunkle Seite, Maria…..”, wie der Lord of Sith. Ich lasse es jedoch, weil ich meistens schrecklich lachen muss, wenn sie mich beschimpft (auf neapoletanisch natürlich).
OK. Was koche ich? Weißt Du, was Schaffu-Endopp met Kappeswoosch ist? Nicht? Dann guck mal hier:
Das Grüne oben, das ist der “Wersingschaffu” (Wirsingkohl), links unten siehst Du die “Kappeswoosch” (Kohlwurst). Die “Irdääpel” findest Du nun von selbst. Daraus koche ich den “Endopp” (Eintopf). Hier im Rheinland wird viel “untereinander” oder “durcheinander” gekocht.
Zutaten – sind eigentlich nicht weiter erwähnenswert:
- 1 Wirsing, zerteilen und schneiden
- einige Kartoffeln (bei mir Stürzelberger aus der Region) gewürfelt
- Kohlwürste von meinem Lieblingsmetzger
- 1 Karotte, kleingeschnitten
- 1 Zwiebel, auch
- Butterschmalz
- etwas Kümmel
- wenig Salz, Pfeffer, Wacholderbeeren
Naja. Butterschmalz erhitzen, Karotte und Zwiebeln dazugeben. Alle anderen Zutaten auch. Mit wenig Brühe angießen, Kohlwürste obendrauf legen. Dann, nix weiter. Deckel auf den Topf und langsam vor sich hin köcheln lassen, bis alles schön weich ist.
Datt is ewwer jood, wenn ett drusse kalt wööd…. und, ähm…beim nächsten Anruf, ich schwöre es…da sage ich: “Ich bin Dein Vater, Luke Maria”…….
Herrlich banales Gericht, oder? Ich liebe sowas. Für mich ist Essen nämlich ein Fenster in die Vergangenheit. Völlig unabgehoben. Altbewährt. (Verstehe das, wer wolle. Und wer sich angesprochen fühlt).
Ich mag solche Eintöpfe auch sehr gern, schmeckt auch drei Tage hintereinander! Und wenns draußen kalt wird, dann noch viel mehr.
AntwortenLöschenfür mich auch, keine sorge ;-)
AntwortenLöschenwürde ich sofort essen. sehr gerne sogar.
schau mal, was heute abend bei mir am tisch stand... (ich hab' irgendwie den eindruck, du hast meine antwort falsch verstanden, aber das macht nichts.)
der mann meiner mutter ist hesse und da gab's öfter so was in der art mit wirsing, meine mutter hasst es, ich fand es super, ebenso wie steckrüben mit kasseler. da staunst du, was die wahlwienerin so alles kennt, gell?
puh. mein weltbild ist wieder geradegerückt. irgenwie drängte sich bei mir ein ganz schräges, abgehobenes bild von dir auf (essenstechnisch. als ich dann noch diese kleine flasche mit der pipette auf den fotos sah, da geriet ich in rage. wir bewahren in solchen fläschchen nasentropfen auf.... manchmal geht es dann durch mit mir durch.;-)
AntwortenLöschengut für uns beide, dass du wirsing mit würschten gekocht hast! muss jetzt zur slow food konferenz...
AntwortenLöschenDazu die Taralli in die soss tunken und die Schwiegermutter ist wieder zufrieden.
AntwortenLöschenIst noch eine Portion da? Ich bring den Essig mit :-)
AntwortenLöschen"Völlig unabgehoben. Altbewährt." - genau, das ist es für mich auch!
AntwortenLöschenUnd so ein Eintopf = klasse!!
Ansonsten ginge es mir aber wie deiner Schwiegermutter: ich hätte das auch nicht verstanden..;-)
Meine Schwiegermutter schwätzt oft plattdeutsch, die kommt aus Vechta, dann steh ich voll auf der Leitung - in diesem Sinne-Kölle alaaf
AntwortenLöschenLecker, mit Wirsing kenne ich das gar nicht so. Am 7. November startet bei mir auch die Kohlzeit mit einem Grünkohl und Kohlwurst-Essen für unsere Freunde. Da freuen sich schon alle drauf. Das ist übrigens eine Superidee, Schwiegermütter als Darth Vader zu schocken, werde ich auch mal ausprobieren :-)
AntwortenLöschenBei dem Herbstwetter bleibt einem ja gar nichts anderes übrig, als so zu kochen...
AntwortenLöschenHeißen Kinder auf Neapolitanisch echt "kreature"? ;-)
das ist jetzt mein 3. Kommentarversuch! seufz...
AntwortenLöschenIch musste sehr lachen bei Deiner schönene Geschichte! Klingt wie bei "Maria, ihm schmeckts nicht!"
Liebe Peppinella, du bist mir nicht böse. Das würde ich nie nachkochen. Zuviel Wurst, zuviel Fett... Mich schüttelts. Aber viele deiner Gerichte habe ich schon nachgekocht und sind echt spitze. Ich wohne mit meiner Schwiegermutter im selben Haus. Wahrscheinlich habe ich Glück, ich mag sie.
AntwortenLöschenlecker!!! als Kind gab es das sehr oft bei meiner rheinländischen Oma... bei ihr hieß das damals immer: " wir kochen Heute "durcheinander " :-)
AntwortenLöschenIch habe solche Gerichte geliebt, ganz besonders die mit Wirsing.
Hier in Norddeutschland, wo ich aufgewachsen bin, gab es immer nur den doch etwas " rabiateren " Weißkohl
Au ja, das mag ich voll gern, werd ich gleich nächste Woche mal kochen. In Kohl könnt ich mich reinlegen. (Naja, müsst schon ein ziemlich großer Kopf sein *grins)
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AntwortenLöschenIch wußte, daß es genau das Richtige war, mir den Sonntag für die Lektüre deiner Posts zu reservieren. Hab immer wieder reingeschaut, aber mit einer leckeren Tasse Tee sitze in nun genüßlich vor dem Bildschirm und lasse mir jede Zeile auf der Zunge zergehen.
AntwortenLöschenChe bello che sei tornata a postare :-)))
Un abbraccio
Alex
Seid ihrs Stürzelberger? Dann sind wir ja fast Nachbarn... :) Wundervoll, hier zu lesen!!
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